Markenhersteller müssen sich gegen eine Flut von Produktfälschungen wehren. Compact Discs und Schweizer Uhren werden ebenso nachgeahmt wie Sportkleidung und Designertaschen. Milliardenverluste für die Produzenten und Streitfälle über Garantie- und Haftungsfragen sind die Folgen. Jetzt hat das Münsteraner Unternehmen CLK ein neues System entwickelt, um die Ware unauffällig und sicher zu kennzeichnen.
Das System geht auf eine Idee zurück, die der amerikanische Chemiker Richard Livesay bereits Mitte der achtziger Jahre hatte. Mit pfefferkorngroßen, farbcodierten Kunststoffkörnern wollte Livesay Sprengstoff markieren – doch der Versuch, mit einer eigenen Firma aus dieser Idee Kapital zu schlagen, schlug in der Industrie nicht gerade wie eine Bombe ein. Die Körner mußten mühsam gesucht und der Code mit einer Lupe entziffert werden.
Das von CKL vorgestellte System dechiffriert dagegen automatisch selbst Mikroetiketten, die nur so groß wie ein Staubkorn und somit für das bloße Auge kaum erkennbar sind. Mit Hilfe eines neuen Video-Handmikroskops lassen sie sich zielsicher aufspüren.
Das Herzstück des Mikroskops ist ein raffiniertes optisches System, das in einem zigarrengroßen Gehäuse untergebracht ist. Es liefert über zwei verwacklungssicher umschaltbare Vergrößerungsstufen bis in den Mikrometerbereich (tausendstel Millimeter) Bilder von großer Tiefenschärfe. Hinter der Optik sitzt eine handliche CCD-Farbkamera, um die Bilder zur Auswertung an einen Computer weiterzuleiten.
Die Mikroetiketten müssen optimal ausgeleuchtet werden, schließlich steckt der wesentliche Teil der Information in ihrer Farbe. Als Beleuchtungsquelle hat das Münsteraner Entwickler-Duo Carsten Cruse und Stefan Leppelmann daher ebenso farbkonstante wie leistungsstarke Weißlicht-Dioden in das Handmikroskop eingebaut. Ein Computerprogramm, das eigens entwickelt wurde, identifiziert zuverlässig die Farbcodierungen.
Das System der Münsteraner wird seit kurzem zur Abwehr von Produktpiraten eingesetzt. Dazu werden die hitze- und säurebeständigen, winzigen Körnchen einfach aufgedruckt oder mit Klarlack aufgetragen.
Als individueller Code dienen einzelne Farbschichten, aus denen die nur 10 bis 50 Mikrometer großen Kunststoff-Etiketten wie ein mehrschichtiges Sandwich zusammengesetzt sind. Wie die Linienfolge bei einem Strichcode, steht jeder der zehn verschiedenen Farbtöne für eine bestimmte Codeziffer. Die unsichtbare Signierung kann nicht nur Plagiate entlarven. Das Verfahren hilft auch bei Fragen der Produkthaftung, wie Carsten Cruse erklärt: “Die Hersteller können damit die Echtheit ihrer Waren zweifelsfrei nachweisen, wenn es zu einem Streitfall kommt.”
Silvia von der Weiden