Uralte Viren ruhen im Eis der Polkappen, haben Forscher der State University of New York in Syracuse entdeckt. Könnten sie eines Tages Seuchen auslösen? Daß manche Viren aufgrund ihrer schützenden Proteinkapsel extreme Umweltbedingungen überstehen, haben Scott Rogers und John Castello schon früher nachgewiesen: In Wolken und Nebeltröpfchen fanden sie Tobamo-Viren (ToMV), die Pflanzenkrankheiten auslösen. Daraufhin untersuchten die Forscher auch Bohrkerne aus Grönland auf Viren-DNA. Tatsächlich entdeckten sie die Erbsubstanz von 15 ToMV-Stämmen in dem 500 bis 140000 Jahre alten Eis. Demnächst wollen sie auch Proben aus der Antarktis analysieren, die bis zu 400000 Jahre alt sind. „Das Eis an den Polen schmilzt. Dabei könnten immer wieder Viren freigesetzt werden und Krankheiten auslösen”, befürchtet Rogers. Auch Alvin Smith von der Oregon State University in Corvallis hält Polareis-Viren, die sich durch die Luft verbreiten, für eine mögliche Quelle von Epidemien. Das könnte erklären, warum dieselben Stämme manchmal nach Jahrzehnten an weit voneinander entfernten Orten auftauchen, obwohl sie sich gewöhnlich rasch verändern.
Rüdiger Vaas