Die Eisenbahn verkleinerte die Welt und beschleunigte das Leben. Schon bald erreichten die Züge Geschwindigkeiten von 30 oder gar 50 km/h – das war die doppelte bis dreifache Geschwindigkeit einer Postkutsche. Das, so überlegten Mediziner, könne nicht gesund sein. Sie befürchteten, die Reisenden bekämen wegen des hohen Tempos Kopfschmerzen und Schwindelanfälle. Die schnell vorbei fliegenden Bäume würden sich zudem schädlich auf das Sehvermögen auswirken. Um solche Gesundheitsschäden zu vermeiden, schlugen die Ärzte vor, die Bahngleise mit Zäunen zu begrenzen.
Englische Adlige sorgten sich angesichts der Baupläne für die Strecke Liverpool–Manchester vor allem um ihren Lieblingssport: Sie fürchteten, die Eisenbahn werde die Fuchsjagd stören. Manche ihrer Landsleute glaubten auch, die Züge erschreckten das Vieh – weshalb Hühner keine Eier mehr legen und Kühe weniger Milch geben würden. Und die Bauern bangten um ihre Existenz: Wenn die Bahn die Pferde überflüssig macht, so ihre Überlegung, wer kauft dann ihr Heu? Begründet war nur die Angst vor Kesselexplosionen, denn in der Frühzeit der Eisenbahn kam es oft zu solchen Unfällen.
Die Mehrheit der Bevölkerung indessen bejubelte jeden Fortschritt und jede technische Neuerung, so lange sie nur mehr Komfort und kürzere Fahrzeiten bedeutete. Je schneller die Züge wurden, desto mehr Fahrgäste stiegen auf das neue Transportmittel um: Während 1839 die Postkutsche noch 10 Stunden von München nach Augsburg brauchte – eine 60 Kilometer lange Strecke –, schaffte die Bahn die gleiche Route zwei Jahre später in nur drei Stunden. Die Reisenden wussten das zu schätzen: 1838 ließen sich 27 500 Fahrgäste von der Postkutsche über hessische Landstraßen zwischen Frankfurt und Mainz schaukeln. Zwei Jahre später beförderte die Taunusbahn dieselbe Zahl von Fahrgästen in nur zwei Wochen.
Diese Beschleunigung des Lebens, das Schrumpfen von Zeit und Raum, avancierten zum beliebten Thema der zeitgenössischen Literatur. Die rasende Dampflok wurde zum Symbol der Zeit. 1837 notierte der französische Autor Victor Hugo: „Die Blumen am Feldrain sind keine Blumen mehr, sondern Farbflecken oder vielmehr rote oder weiße Streifen. Es gibt keinen Punkt mehr, alles wird zu Streifen. Die Getreidefelder werden zu langen, gelben Strähnen. Die Kleefelder erscheinen wie lange, grüne Zöpfe. Die Städte, die Kirchtürme und die Bäume führen einen Tanz auf und vermischen sich auf eine verrückte Weise mit dem Horizont.” Wohlgemerkt: Der Temporekord lag damals bei gerade mal 100 Kilometern pro Stunde.