Ein jahrtausendealter Schatz schlummert auf dem Grund des japanischen Suigetsu-Sees: Denn Jahr um Jahr sinken dort Schlamm und Blätter auf den Grund, die sich im Laufe der Jahrtausende zu papierdünnen Sedimentschichten verdichtet haben. Daraus konnten Wissenschaftler jüngst genauere C14-Datierungen als jemals zuvor gewinnen.
Zeit seines Lebens nimmt jeder Organismus das Kohlenstoff-Isotop C14 aus der Umwelt auf. C14 ist radioaktiv und zerfällt mit einer Halbwertszeit von 5730 Jahren. Stirbt ein Lebewesen, endet die C14-Aufnahme. Wegen des Zerfallsprozesses nimmt der Gehalt dieses Isotops in den Relikten im Vergleich zum „ normalen” Kohlenstoff-Isotop C12 ab. Um alte Hölzer oder Knochen zu datieren, messen Forscher deshalb das Verhältnis von C14 zu C12 darin. Doch so einfach, wie es klingt, ist es nicht. Denn die C14-Menge in der Atmosphäre schwankt im Laufe der Zeit.
Der 34 Meter tiefe Suigetsu-See auf der Insel Honshu liegt geologisch so günstig, dass die Sedimente darin seit über 50 000 Jahren ungestört sind. Kein eiszeitlicher Gletscher hatte sich über die Landschaft geschoben. Ein Paradies für den Oxforder C14-Experten Christopher Bronk Ramsey und sein Team, denn die Pflanzenreste von Suigetsu bringen zwei Vorteile gegenüber sonstigen organischen Überresten: Zum einen konnten die Forscher das darin enthaltene C14 messen und damit den Zeitpunkt des Absterbens bestimmen. Zum anderen haben sich die Schichten wie die Jahresringe eines Baumes auf dem Seegrund abgesetzt – weder Wind noch Wasser störten diesen Prozess. Unter dem Polarisationsmikroskop zählten die Wissenschaftler die einzelnen Lagen, die sogenannten Warven, Jahr um Jahr ab und verknüpften sie anschließend mit den Kohlenstoff-Daten. Damit konnten sie viel genauere C14-Daten gewinnen als bei allen bekannten Vergleichsfunden.
Seit dieser Entdeckung 2012 schlägt der Suigetsu-See hohe Wellen in der Forschungslandschaft. Denn seine Sedimente helfen, die ungenauen C14-Daten anderer Proben zu eichen. Das Problem: Die Kohlenstoff-Reste in einem toten Organismus lassen sich nur ungefähr bestimmen. Deshalb müssen Archäologen die Analysedaten mit den Ergebnissen anderer Methoden vergleichen. Dafür eignet sich am besten die Dendrochronologie, bei der Baumringe gezählt werden (siehe Kasten „Gut zu wissen: Dendrochronologie” in bdw 6/2013, S. 69).
Dieser „Dendro-Check” hat allerdings einen Pferdefuß: Er reicht nur rund 12 500 Jahre zurück und erlangt damit nicht einmal annähernd die zeitliche Tiefe der C14-Methode von 50 000 Jahren. Die neuen Eichdaten aus Japan schließen nun diese enorme Lücke. Ein weiteres Plus: Bekannte C14-Daten müssen nicht neu bestimmt werden, sondern es genügt, wenn man sie mit dem Schlamm von Honshu vergleicht.