Die Arbeit ist reines Formelwerk: Auf drei Seiten reihen sich Klammern, Nullen und Einsen aneinander, nur vereinzelt finden sich Worte – normal für eine Physikpublikation. Doch das, was Neil Johnson von der britischen Oxford University im Fachblatt Physical Review Letters zu sagen hat, geht Verhaltensforscher, Evolutionsbiologen und Wirtschaftswissenschaftler gleichermaßen an: Nur wer wagt, gewinnt. Wer im Leben hingegen zwischen mehreren Handlungsmöglichkeiten hin und her pendelt, ist meist zum Scheitern verurteilt. Johnson simulierte das Verhalten einer Menschengruppe am Computer. Jeder einzelne mußte sich entscheiden, ob er ein weißes oder ein schwarzes Zimmer betritt. Als Sieger definierte Johnson diejenigen, die den Raum schließlich mit den wenigsten Mitbewohnern zu teilen hatten. Am Ende jeder Runde gab der Physiker bekannt, welches Zimmer zum Siegerzimmer geworden war. Daraus konnten die simulierten Teilnehmer erkennen, wie sich die Mitmenschen verhalten hatten.
Nach vielen Runden schnitten Menschen, die sich am Handeln der anderen orientierten, am schlechtesten ab. Nur selten fanden sie sich im Gewinnerzimmer wieder. Sieger indes waren auf Dauer die, die sich konsequent für einen Raum entschieden hatten. Johnson ist überzeugt, daß das Prinzip der erfolgreichen Minderheiten auf den Alltag übertragbar ist. Ein Taxifahrer etwa, der zwischen zwei Strekken die weniger verkehrsbelastete auswählen muß, würde demnach dann am erfolgreichsten handeln, wenn er mutig jeden Tag bei der gleichen Entscheidung bleibt – egal, was die Masse tut. Überlegungen wie “Gestern war die Strecke voll, also werden heute wieder genauso viele Menschen hier entlang fahren” wären ebenso falsch wie die Annahme: “Heute werden alle Fahrer diese Straße meiden, weil sie gestern verstopft war.”
Vlad Georgescu