Die Deutschen sind Tätigkeitsfanatiker, die erst lernen müssen, ihre Faulheit und ihren Zeitwohlstand zu genießen. Diese Überzeugung vertritt Prof. Ulrich Beck (55) von der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Der Soziologe macht sich Gedanken über unsere Vorstellungen von Arbeit, Beschäftigung und Freizeit.
Beck ist in der Wahl seiner Worte nicht zimperlich. Alte Ideale, an denen wir festhalten, obwohl sie gar nicht mehr zur Wirklichkeit passen, bezeichnet er als “Zombies”: Sie sind eigentlich schon gestorben und leben doch weiter. “Diese Zombies”, meint Beck, “schwören uns auf die Vergangenheit ein und machen uns blind für die Zukunft.”
Als Beispiel führt Beck die Idee der Vollbeschäftigung an. Sie ist überholt, denn auch in Zukunft wird das Arbeitsvolumen immer weiter schrumpfen. Beck plädiert für eine Veränderung der Arbeitswelt: Nicht allein Erwerbsarbeit soll künftig bezahlt werden – mit Geld und gesellschaftlicher Anerkennung -, sondern auch Familienarbeit und Bürgerarbeit. Beck hat dafür die Utopie einer “pluralen Arbeitswelt” entworfen, in der jeder alles tut. “Wir werden lernen müssen, weniger zu arbeiten und unsere Freizeit zu genießen.” Dann fände auch der “Zombie der Vollbeschäftigung” seine letzte Ruhe.
Ulrich Beck / Swantje Middeldorff