Christian Wulff, Ministerpräsident von Niedersachsen, ist ein Anhänger der Früherkennung von Prostatakrebs. „Es ist sehr wichtig, dass auf die Notwendigkeit der Krebsvorsorge in der Öffentlichkeit hingewiesen wird”, rät der 45-jährige Politiker seinen Geschlechtsgenossen: „Die Zahl von jährlich 40 000 neu an Prostatakrebs erkrankten Männern ist doch sehr erschreckend.”
Was Wulff offenbar nicht weiß: Sein Plädoyer könnte dazu beitragen, dass die Zahl der Prostatakrebs-Kranken sich weiter erhöht statt verringert. Tatsächlich steigt die Zahl der Neuerkrankungen in Deutschland seit über zwei Jahrzehnten stetig an, seit 1980 hat sie sich auf fast 43 000 verdoppelt. Mittlerweile entfällt ein Fünftel der Krebsdiagnosen bei Männern allein auf diesen Tumor.
Solche Statistiken sind gut geeignet, Sorgen zu wecken. Denn wenn die Zahl der Tumorkranken so schnell zunimmt, dann scheint jeder Mann gefährdet zu sein. Beim Prostatakrebs ist gerade diese Sorge der Grund, warum der Tumor so häufig geworden ist. „In den letzten Jahren hat die Zahl der Früherkennungsuntersuchungen deutlich zugenommen”, sagt der Epidemiologe Nikolaus Becker vom deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg: „Und durch die Suche werden heute viele kleine Tumore entdeckt, die vor 20 Jahren nie aufgefallen wären.”
Die Folge ist, dass Früherkennung eine Spirale der Krebsangst antreiben kann: Der PSA-Test hat zur Folge, dass bei immer mehr Männern Krebs gefunden wird. Und weil Prostatakrebs häufiger zu werden scheint, lassen immer mehr Männer aus Sorge einen Test machen.