Wie Nervenzellen aus dem Informationsfluß, den die Sinnesorgane liefern, einzelne Aspekte auswählen und verarbeiten, haben Stefan Treue und Julio C. Martínez Trujillo von der Universität Tübingen entdeckt. Die Hirnforscher belauschten beinahe 200 Neuronen in der Gehirnregion MT von Makaken, die tief im Inneren einer Furche im hinteren Teil des Großhirns verborgen ist. Das geschah, während die Affen bewegliche Punktmuster auf einem Bildschirm betrachteten und ihre Aufmerksamkeit abwechselnd auf die eine oder andere Bewegungsrichtung lenken sollten. Daß sie das taten, konnten die Wissenschaftler mit Verhaltenstests überprüfen. MT ist der Sitz von bewegungs- und richtungsempfindlichen Zellen bei der höherstufigen visuellen Informationsverarbeitung. Die Forscher fanden heraus, daß die Neuronen stärker feuern, wenn der Reiz, auf den sie spezialisiert sind, in den Fokus der Aufmerksamkeit gelangt. Die Nervenzellen verhalten sich dabei so, als ob die selektierten Punktmuster heller und sichtbarer geworden wären. Aufmerksamkeit wirkt also wie ein Scheinwerfer in der Dämmerung, der die gerade interessanten Objekte beleuchtet.
Rüdiger Vaas