4: Was hat der Verbraucher von genveränderten Lebensmitteln?
Bei Lebensmitteln hat Grüne Gentechnik bislang kaum zu Innovationen geführt. Die angeblich besonders schmackhafte FlavrSavr-Tomate von Calgene ist längst wieder verschwunden, ebenso wie ein aromatisches Tomatenmark der Firma Zeneca, das es Anfang der Neunzigerjahre kurze Zeit in Großbritannien zu kaufen gab. Einer der Gründe für die Ebbe in der Ladentheke ist die Resistenz des Verbrauchers gegen „Genfood”.
Möglicherweise steht König Kunde sich damit selbst im Weg: So erhöhen manche Pilzgifte, die in Spuren in Lebensmitteln zu finden sind, das langfristige Krebsrisiko. Dabei sind längst die Grundlagen für neue Getreidesorten geschaffen, die eine höhere Widerstandskraft gegen Pilzbefall haben. Doch 2004 erklärte die Firma Syngenta, man werde einen pilzresistenten gentechnisch veränderten Weizen nur dann vermarkten, wenn die Verbraucherakzeptanz wachse. Monsanto stoppte fast zeitgleich einen herbizidresistenten Weizen. „Brot und Getreide, das sehen die Verbraucher besonders emotional, da will keine Firma ran”, weiß Karl-Heinz Kogel, der an der Universität Gießen die biologische Sicherheit pilzresistenter Gerste erforscht.
Hinzu kommt ein weiteres Argument: Gentechnik ist oft gar nicht nötig. Wenn bei Nutzpflanzen andere Inhaltsstoffe erwünscht sind, lässt sich dies oft am besten durch klassische Züchtung erreichen. Die agiert allerdings zunehmend im Verbund mit molekulargenetischen Methoden: „Smart Breeding” (Schlaue Züchtung) nennt sich das Konzept.
Für viele andere potenzielle Anwendungen der Gentechnik fehlt in den Industriestaaten schlicht der Markt. Denn wer sich hier ausgewogen ernährt, braucht keinen Weizen mit mehr Eiweiß und keine Sojabohnen mit Fischölen. Die Debatte um einen Zusatznutzen für den Verbraucher kreist daher oft um die Versorgung der Dritten Welt.
Ein gutes Beispiel ist der „Golden Rice”. An die 200 Kinder in Entwicklungsländern leiden weltweit an einem gefährlichen Mangel an Vitamin A, das der Körper aus der Vorstufe Beta-Karotin herstellen kann. Ein Team um Ingo Potrykus von der ETH Zürich und Peter Beyer, Universität Freiburg, setzt seit Langem auf Reissorten, die mit Beta-Karotin angereichert werden sollen, das der Reis von Natur aus nicht enthält. 2005 kreierten Forscher des Unternehmens Syngenta tatsächlich einen Reis, der eine praxistaugliche Menge an Beta-Karotinen bildet.
Ein Einwand bleibt: Kuriert wird hier lediglich das Symptom, nicht die Ursache – Armut. Der Bedarf an Beta-Karotin ließe sich nämlich durch viele andere Lebensmittel decken: durch Möhren, Broccoli, Spinat, Orangen – Gemüse und Früchte, die für viele Menschen in der Dritten Welt oft schlicht unerschwinglich sind.
Noch ist der Hunger nicht besiegt, und wenn Pflanzenzüchtung in den nächsten Jahrzehnten etwas liefern muss, dann sind es vor allem Ertragssteigerungen. Die Welternährungs-Organisation FAO geht davon aus, dass in 25 Jahren an die 8 Milliarden Menschen ernährt werden müssen. Dafür fordert sie die doppelte Produktion auf der kaum mehr erweiterbaren Anbaufläche. Gentechnik soll helfen, das hochgesteckte Ziel auch unter widrigen Bedingungen zu erreichen.