Ihr Kampf gegen Persien zu Beginn des 5. Jahrhunderts v. Chr. hatte den Hellenen gezeigt, dass sie nur gemeinsam gegen die benachbarte Supermacht bestehen konnten. Aber sie brauchten einen Anführer. Nachdem sich die Spartaner zurückgezogen hatten, übernahm Athen die Führung. Um jederzeit kampfbereit zu sein, gründeten die Griechen 478/77 v. Chr. ein Bündnis, das sich über die ganze Ägäis erstreckte und dessen Bundeskasse auf der Insel Delos verwahrt wurde: den delisch-attischen Seebund.
Die Bündnispartner schworen sich ewige Treue gegen die Perser. Doch viele kleinere Gemeinwesen waren damit überfordert, dauerhaft Kriegsschiffe auszurüsten. Also zahlten sie Geld in die Kasse und überließen Athen die Aufstellung – eine fatale Entwicklung. Die Bundesflotte wuchs kontinuierlich, aber sie stand unter Athens Kommando und entwickelte sich zu einer veritablen Knute. Selbst nach einem Friedensschluss mit Persien durfte niemand den Seebund verlassen. Wer es versuchte, musste mit blutigen Strafaktionen rechnen. Athen hatte ein Machtinstrument in die Hand bekommen, das es nicht mehr hergeben wollte. Ganz nebenbei bediente sich die Führungsmacht an den gemeinsamen Geldern, um ihr kostspieliges Bauprogramm auf der Akropolis zu finanzieren. Erst als Sparta seinen Konkurrenten im Peloponnesischen Krieg besiegte, endete 404 v. Chr. auch der Bund, und die unterdrückten Partner erlangten ihre Freiheit wieder.