Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Doch sich vorzustellen, was aus Rindertalg, Milch, Wasser und Kuheuter entstehen soll, bedarf einer recht ausgeprägten kulinarischen Phantasie. Dem französischen Chemiker Hippolyte Mège-Mouriés gelang dieses Kunststück. Er zauberte aus diesen Ingredienzien die erste Margarine der Welt. Am 15. Juli 1869 reichte er das Patent auf seine Kreation ein, die er beurre économique nannte.
Den Anstoß zu Mège-Mouriés’ Forschung gab Napoleon III. Der Kaiser hielt es für ratsam, dass den Menschen in den industriellen Ballungszentren und den Soldaten in der französischen Armee ein Fettersatzstoff aufgetischt werden könne, der haltbarer und nicht zuletzt günstiger als herkömmliche Butter war. Vom darauffolgenden Siegeszug der Margarine profitierte der Erfinder allerdings kaum. Mège-Mouriés verkaufte das Patent bereits 1871 für 60 000 Francs an die niederländische Firma Jurgens. Fabriken wurden gebaut; auch im Deutschen Reich sprossen die Produktionsstätten aus dem Boden. 1907 zählte man in Deutschland 107 Fertigungsanlagen. Dies und der Preisverfall von Butter brachten wiederum die landwirtschaftlichen Berufsverbände auf die Barrikaden. Ihre Lobbyarbeit führte im Reich zu den Margarine-Gesetzen von 1887 und 1897. Die staatliche Kontrolle in der Margarine-Produktion schaltete indes die unliebsame Konkurrenz nicht etwa aus. Die von den Herstellern nach außen als Qualitätssicherung vermarkteten Vorschriften führten zu dem noch heute geltenden Image der Margarine als hochwertiges und gesundes Nahrungsmittel.