Mit solchen Kunststücken habilitiere er doch besser im Zirkus – diese Meinung des namhaften Chirurgen Ferdinand Sauerbruch von der Berliner Charité traf Werner Forßmann hart. Am 5. November 1929 hatte die „Klinische Wochenschrift“ seinen Artikel „Über die Sondierung des Herzens“ veröffentlicht. Der junge Arzt beschrieb darin eine Katheterisierung seines Herzens, die er im Selbstversuch erprobt hatte. Anschaulich dokumentierte er mit Röntgenbildern, wie sich ein 60 Zentimeter langer Gummikatheter über eine Vene in seiner Ellenbeuge bis zur rechten Herzkammer vorschob. Forßmanns Experiment legte den Grundstein für die moderne Herzdiagnostik.
Der spektakuläre Versuch fand auch das In‧ter‧esse der Presse und machte den Arzt über Nacht einer großen Öffentlichkeit bekannt. In- und ausländi‧sche Zeitungen boten bis zu 1000 Mark für den Abdruck der Röntgenbilder. Doch das plötzliche Ansehen brachte nicht nur Vorteile. Schnell wurden Plagiatsvorwürfe laut, die Forßmann ausräumen musste, und Sauerbruch zeigte kein Verständnis für „solche Mätzchen“ seiner Mitarbeiter. Offenbar verstimmte ihn zudem die Tatsache, dass nicht seine Klinik den Ruhm erntete, sondern das Auguste-Viktoria-Heim in Eberswalde, Forßmanns ehemalige Arbeitsstätte. Jedenfalls war die Arbeit an der Charité für den gerade erst eingestellten Forß‧mann wieder beendet. Erst 1956 würdigte man den Medizinpionier: Zusammen mit zwei weiteren Ärzten, die seine Forschungen weiterführten, erhielt Forßmann den Nobelpreis für Medizin.