Einst, so erzählt es eine Legende aus dem 16. Jahrhundert, war die Königin von Aragón mit einem Gefolge von 100 Rittern am Osthang des Ätna unterwegs. Als sie von einem schweren Unwetter überrascht wurden und Unterschlupf suchten, fiel ihr Blick auf einen mächtigen Kastanienbaum zu Füßen des Ätna. So aus‧ladend war sein Blätterdach, dass er die Königin mitsamt ihrem vielköpfigen Gefolge und dessen Pferden unter sich aufnehmen konnte. „Castagno dei Cento Cavalli“ – „Kastanienbaum der hundert Pferde“ – heißt der Baum deshalb.
Es gibt diesen Baum nicht nur der Legende nach. Die Edelkastanie, die als der älteste Baum Europas mit einem Alter von womöglich über 2000, wenn nicht gar 4000 Jahren gilt, gedieh im Schatten des Ätna und ist in der Nähe des sizilianischen Städtchens Sant’Alfio im Naturpark „Parco dell’Etna“ zu finden. Schon vor Jahrhunderten beeindruckte der Baumriese die Zeitgenossen. Er sei groß genug, „um 30 Pferde in seinem Inneren aufzunehmen“, schrieb ein italienischer Autor 1636 staunend. Gut 100 Jahre später, am 21. August 1745, wurde das Naturwunder nebst einem kaum weniger imposanten Baum, dem in direkter Nähe stehenden „Kastanienbaum des Schiffes“, vom Tribunale dell’Ordine del Real Patrimonio di Sicilia unter Schutz gestellt. Eine solche Naturschutzverordnung ist für das 18. Jahrhundert bemerkenswert. 22 Meter misst der Baum in der Höhe, seine drei Teilstämme haben einen Umfang von 13, 20 und 21 Metern – wahrlich ein Gewächs der Superlative.