In Europa galt sie als geheimnisumwobene Stadt im Dünenmeer der Sahara: Timbuktu. Die wenigen schriftlichen Zeugnisse schwärmten vom unermesslichen Reichtum, den der Handel mit Sklaven und Gold beschert habe. Die Geschichten befeuerten die Imagination: Viele Europäer brachen auf, einige kamen an, doch niemand kehrte lebend zurück, um von seiner Reise zu berichten. Dieses Bravourstück gelang als Erstem dem 29-jährigen Franzosen René Caillié. Er gab sich als ein in Europa aufgewachsener Ägypter aus, reiste den Niger entlang durch eine für Christen nicht ungefährliche Region und erreichte am 20. April 1828 schließlich die sagenumwobene Wüstenstadt.
Am Ziel erwiesen sich die phantastischen Geschichten als übertrieben. Timbuktu, Zentrum islamischer Gelehrtheit, war weniger prunkvolle Metropole als eine traditionelle Wüstenstadt mit einfachen Lehmhäusern. Ihre Hochzeit als Knotenpunkt wichtiger Handelsrouten lag bereits über 400 Jahre zurück. Cailliés Euphorie über die Entdeckung wich der Enttäuschung über die fehlende Pracht. Und der Rückweg stand noch bevor. Caillié entschied sich für den beschwerlichen Weg durch die Sahara in Richtung Norden, reiste rund 1000 Kilometer entlang klassischen Karawanenrouten bis zum Atlasgebirge, dann über Rabat bis nach Tanger. Erst im Oktober landete er mit dem Schiff in Toulon, um anschließend dem staunenden, wenn auch leicht enttäuschten europäischen Publikum von seiner abenteuerlichen Reise zu berichten.