Es ist ein immer wieder polarisierendes Thema: Lehrer und ihre Arbeitszeiten. Laut der „Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft“ (GEW) war die Belastung Ende der 1970er Jahre jedoch besonders drastisch. Manche Lehrer kämen auf Wochenarbeitszeiten von über 55 Stunden, erklärten sie. Das sei zu viel. Geschuldet war die Zunahme der Arbeitszeit den Bildungsreformen der 1960er und 1970er Jahre, die die Klassenzahl in Realschulen und Gymnasien hatten stetig anwachsen lassen. Die Gewerkschaft beharrte daher auf einer Reduzierung der Arbeitszeit um eine Stunde – sonst werde gestreikt. Das war eine unerhörte Drohung – schließlich gilt für Beamte das Streikverbot.
In der Öffentlichkeit folgte eine hitzige Debatte über das Streikrecht von Lehrern. Eine Hamburger Wochen‧zeitung schrieb von der „Lehrer-Latz‧hosengenera‧tion“, die ihre Forderungen auf dem Rücken der Eltern austrage. Die Kultusministerien und etliche Verwaltungsgerichte sahen den angekündigten Arbeitskampf als rechtswidrigen Verstoß gegen das Beamtenrecht. Der niedersächsische Kultusminister Werner Remmers drohte gar mit Suspendierung der streikenden Lehrer. Gänzlich unbeeindruckt folgten indes 15 000 Lehrer in Hessen, Niedersachsen und Hamburg dem Aufruf ihrer Gewerkschaft. Sie legten am 13. November 1979 für zwei Stunden die Arbeit nieder. Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik streikten Staatsbedienstete. Gewiss, die Pädagogen vermieden es tunlichst, von einem „Streik“ zu sprechen: Sie schickten ihre Schüler um elf Uhr einfach nach Hause.