1807, als Napoleons Truppen vor Lissabon standen, flohen die portugiesische Königsfamilie und fast der gesamte Adel in die Kolonie Brasilien. Fast 20 000 Personen überquerten im Schutz britischer Schiffe den Ozean und landeten im Hafen von Rio de Janeiro, der neuen königlichen Residenz. Erst 13 Jahre später kehrte König Johann VI. in das Mutterland zurück. Sein Sohn, Prinzregent Pedro, blieb in Brasilien zurück. Inzwischen hatte sich der Amazonas-Staat durch die Vereinigung mit Portugal zu einem Königreich, durch die Beibehaltung der im Mutterland abgeschafften Sklaverei sowie die gezielte Förderung der Außenwirtschaft von einer rückständigen Kolonie in ein wirtschaftlich prosperierendes Land verwandelt.
Doch das angenehme Leben der Oberschicht schien bedroht: Restaurative Kräfte in Portugal planten die Rückstufung Brasiliens zur Kolonie. Da entschloss sich der Kronprinz zu einem außerordentlichen Schritt: Mit dem markigen Ruf „Freiheit oder Tod“ verkündete er am 7. September 1822 am Flüsschen Ipiranga in der Nähe São Paulos die brasilianische Unabhängigkeit. Dieser Vorfall ging als „Grito de Ipi-ranga“, der Schrei von Ipiranga, in die brasilianische Geschichte ein. Während das spanische Kolonialreich in der Neuen Welt zerfiel und Republiken entstanden, verlief der brasilianische Unabhängigkeitsprozess als Sonderweg. Vor Publikum ließ sich der Kronprinz wenige Wochen später als Peter I. zum Kaiser ausrufen.