Niemand in Rom brauchte eine öffentliche Uhr. Einzelne Stunden wurden ausgerufen; im Übrigen lebte man im Fluss der Zeit. Und doch errichtete Kaiser Augustus im Jahr 10 v. Chr. die größte Uhr aller Zeiten. Möglicherweise. Archäologen fanden jedenfalls im Jahr 1748 auf dem nördlichen Marsfeld eine gewaltige Sonnenuhr, ein Horologium. Linien und Markierungen waren in Bronze in ein Pflaster von rund 160 auf 75 Metern Größe eingelassen. Der Schattenzeiger, ein ägyptischer Obelisk, misst über 20 Meter (ohne Sockel und Kugel) und steht heute vor dem italienischen Parlamentsgebäude. Neueren Untersuchungen zufolge zeigte die Anlage nur die Mittagsstunde an. Doch die Römer taten wohl besser daran, sich nicht zu sehr auf dieses Instrument zu verlassen; es war nämlich für Verhältnisse in Ägypten bestimmt, von wo man es importiert hatte. Der Obelisk bestand aus rotem Granit und stammte aus Heliopolis, wo ihn Pharao Psammetich II. im 6. Jahrhundert v. Chr. hatte errichten lassen.
Wohl aufgrund der Tiber-Überschwemmungen musste der Obelisk später auf ein höheres Bodenniveau gebracht werden, was seine Zuverlässigkeit nicht erhöht haben dürfte. Doch Augustus hatte mit seinem Horologium ohnehin vor allem Eindruck schinden wollen: Der Obelisk zeugte vom Sieg des Kaisers über Ägypten, sein Jahre dauernder mühseliger Transport nach Rom belegte die Macht des Augustus. Wer einst über den gepflasterten Platz schlenderte, konnte sich ganz vom Obelisken als Zeichen der unermesslichen Größe Roms beeindrucken lassen.