Alles begann mit dem Wettlauf um einen Seeweg nach Indien. Die Expansion des Osmanischen Reiches im 15. Jahrhundert hatte den Handel auf dem Landweg zu schwierig gemacht. Also versuchten spanische und portugiesische Seefahrer, über das Meer nach Indien zu gelangen. Während es den Portugiesen im Jahr 1488 gelang, das Kap der guten Hoffnung zu umfahren, vermeldete 1493 Christoph Kolumbus, er habe auf der Westroute den Seeweg nach Indien entdeckt.
Portugals König Johann I. beanspruchte unter Berufung auf einen älteren Vertrag mit Spanien die neuentdeckten Gebiete für sich. Die spanische Krone wiederum wandte sich an Papst Alexander VI., der in der Bulle „Inter caetera divinae“ 500 Kilometer westlich der Kapverden eine Grenzlinie festlegte, die portugiesisches und spanisches Gebiet voneinander trennen sollte. Die streitenden Parteien wollten nicht einlenken und verhandelten im spanischen Tordesillas über ein Jahr lang, wie sie die „Neue Welt“ untereinander aufteilen sollten. Der gleichnamige Vertrag vom 5. Juni 1494 legte schließlich Folgendes fest: Die Grenze sollte auf einer Linie vom Nord- zum Südpol 370 Meilen westlich der Kapverden verlaufen. Alle Gebiete westlich dieser Linie sollten Spanien gehören, alle östlich dieser Linie Portugal. So wurde die Ostspitze Lateinamerikas mit dem heutigen Brasilien portugiesisch, der Rest wurde Spanien zugeschlagen – was sich bis heute in den Landessprachen widerspiegelt.