Im Jahr 1601 erfuhr das Leben von Johanna Franziska von Chantal die erste entscheidende Wende: Ein Schuss aus dem Jagdgewehr eines Freundes tötete ihren Ehemann, den Baron Christoph von Rabutin-Chantal. Der Witwe oblag nun die Erziehung ihrer vier Kinder sowie die Verwaltung des Familienschlosses Bourbilly im französischen Vic-de-Chassenay. Schwer unter ihrer neuen Lebenssituation leidend, hörte sie am 5. März 1604 in ihrer Heimatstadt Dijon eine Fastenpredigt des Fürstbischofs von Genf, Franz von Sales. Dieser Tag, die zweite entscheidende Wende ihres Lebens, legte den Grundstein für eine lebenslange geistliche Freundschaft, die in über 300 Briefen dokumentiert ist.
Nachdem Johanna Franziska von Chantal nach dem Tod ihres Ehemannes immer stärker den Wunsch nach einem Leben im Kloster verspürte, war es schließlich Franz von Sales, der ihr dazu verhalf. 1610 gründeten sie zusammen in Annecy den Orden der „Schwestern von der Heimsuchung Mariens“ (Salesianerinnen), der 1618 die päpstliche Anerkennung erfuhr und sich schnell ausbreitete. Nicht äußere, sondern innere Askese und tätige Nächstenliebe sollten die Grundlage des klösterlichen Lebens sein. Ihrem geistlichen Freund und Seelenführer blieb Johanna Franziska über seinen Tod 1627 hinaus verbunden. Sie trieb nicht nur seinen Seligsprechungsprozess voran, sondern war auch die erste
Herausgeberin seiner Schriften.