Gitarre, Kniebundhosen und Wanderstab – das waren die Markenzeichen der Wandervögel. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte sich im Deutschen Reich eine eigenständige Jugendkultur, die sich für das Lagerleben, Wandern und die Volksmusik begeisterte. Ausgangspunkt war Berlin, wo am 4. November 1901 der „Wandervogel – Ausschuß für Schülerfahrten“ gegründet wurde. Der Initiator der Bewegung, Karl Fischer, gewann unter der Schülerschaft seines ehemaligen Gymnasiums in Steglitz viele Gleichgesinnte. Sie alle schätzten das einfache Leben und das Wandern in der Natur. Im Unterschied zu den angelsächsischen Pfadfindern leiteten keine Erwachsenen die Wandervögel an; wesentliches Merkmal dieser Jugendkultur war gerade die Selbstverwaltung und Selbsterziehung, frei von jeglicher erwachsenen Bevormundung. So gaben die Wandervögel wichtige Impulse für die Jugendbildung und Jugendarbeit.
Aufgrund interner Differenzen erfolgte schon 1904 die Auflösung des Vereins. Es bildeten sich jedoch bald in ganz Deutschland zahlreiche Abspaltungen. Die Wandervögel waren bis dahin meist männliche Gymnasiasten und stammten aus dem Bürgertum. Doch unter den 25 000 Mitgliedern des 1913 neu gebildeten Wandervogel-Vereins waren zum ersten Mal auch Mädchen und Volksschüler. Ein tiefer Einschnitt erfolgte durch die Gleichschaltung der Wandervogel-Bewegung mit der Hitler-Jugend, die ihrerseits viele Traditionen der Wandervögel übernahm.