Der Seerhein ist ein rund vier Kilometer langer Abschnitt des Rheins, der den Ober- und Untersee des Bodensees verbindet. Die größte Stadt am Ufer dieses kurzen Flussabschnitts ist Konstanz. Dort soll sich am 23. Februar 1549 ein Wunder ereignet haben: Früh am Morgen konnte man beobachten, wie der Pegel des Seerheins plötzlich um gut einen halben Meter an- und wieder abschwoll.
Der Konstanzer Chronist Christoph Schulthaiß schilderte das Schauspiel, das sich den staunenden Menschen darbot: wie sich der Pegel plötzlich hob, „wol ainer elen [Elle] hoch“; wie alsbald das Wasser wieder abzulaufen begann, begleitet von einem „ruschen, als ob das gewell von dem wind (welcher doch nit was) getriben würd“; wie sich der Seerhein auf diese Weise vier- bis fünfmal in der Stunde hob und senkte. Über die Dauer des Naturschauspiels vermerkte er: „Das hat also bis nach Mittag geweret.“ Gleichzeitig sollen Fischer beobachtet haben, wie der Seerhein flussaufwärts geflossen sei. Noch nie habe man dergleichen gesehen, gab Schulthaiß zu Protokoll und bezeichnete das Ereignis als Wunder. Naturwissenschaftler kamen dem Phänomen jedoch auf die Schliche: Kein himmlisches Zutun, sondern das Wirken der Wind- und Luftdruckverhältnisse auf die Eigenschwingung des Bodensees verursachten eine sogenannte stehende Welle (franz. Seiche), ein Phänomen, wie es an größeren Seen nicht ungewöhnlich ist, an jenem Tag im Februar 1549 aber wohl ganz besonders stark zutage trat.