Mit der Verkündung des Reichsnahrungsmittelgesetzes am 14. Mai 1879 wurde ein bedeutender Wendepunkt in der deutschen Verbraucherschutzpolitik erreicht. Es war das erste Bundesgesetz für lebensmittelrechtliche Normen. Dieses Pioniergesetz ermächtigte Polizeibehörden, weitreichende Kontrollen sowohl von Lebens- und Genussmitteln als auch von Alltagsprodukten wie Spielwaren, Tapeten, Farben, Ess- und Kochgeschirr sowie Petroleum durchzuführen. Ziel des neuen Gesetzes war es, die Öffentlichkeit vor gesundheitsgefährdenden Produkten zu schützen, indem Proben beschlagnahmt und auf ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit hin untersucht wurden.
Eine bundeseinheitliche Regelung wurde insofern notwendig, als in einer Zeit, in der die industrielle Revolution die Massenproduktion und den Vertrieb von Lebensmitteln und Waren beschleunigte, auch die Risiken für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucherinnen und Verbraucher stiegen. Infolge der Gesetzgebung kam es in der Folgezeit zum Erlass weiterer gesetzlicher Regelungen für einzelne Lebensmittel wie etwa Wein, Bier oder Butter. Wenn auch das Nahrungsmittelgesetz von 1879 eine Rechtstradition geschaffen hat, die das heutige Lebensmittelrecht nur schwer überschaubar macht, kann die Einführung dieses Gesetzes als Beginn der systematischen Lebensmittelüberwachung in Deutschland betrachtet werden. Es legte die Basis für spätere gesetzliche Regelungen und Standards.
