Alles begann unspektakulär: Der Jurist Johann Wolfgang Textor heiratete 1693 in zweiter Ehe die 18-jährige Maria Sibylla Fleischbein. Doch schon ein halbes Jahr nach der Trauung wurde die Scheidung eingeleitet. Was war passiert? Das erfahren die Hörer dieses amüsanten Stücks, das auf einer Prozessakte des Reichskammergerichts in Wetzlar beruht. Maria Sibylla neigte nämlich zum Einkauf von Luxuswaren in großem Stil: Seide aus Lyon, Mailänder Spitzen, goldene Borten, dazu teure Austern oder Apfelsinen – binnen kurzem war der Ehemann ruiniert. 15 Gläubiger (darunter der Schneider Friedrich Goethé) klagten erst vor dem Frankfurter Schöffengericht, dann vor dem Reichskammergericht. Die Frage: Welche Geschäfte durfte Maria Sibylla selbständig tätigen? Verhandelt wurde also über die Spielräume einer Ehefrau im 17. Jahrhundert.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Michael Stolleis
Goethé versus Textor
Kaufrausch und Ehescheidung
Henrich Editionen, Frankfurt am Main 2018, CD, Laufzeit 50 Minuten, € 14,95