Einer der bekanntesten Augenzeugen des Münchner Umsturzes ist der Dichter Oskar Maria Graf. Nun ist sein großartiger autobiographischer Text „Wir sind Gefangene“, in dem er auch zentral auf die Zeit der Münchner Räterepublik eingeht, in gekürzter Lesung als Hörbuch erschienen. Wir hören von dem 17-jährigen Graf, der, vor der brutalen Gewalt seines Bruders geflohen, in der großen Stadt auf Pump, dann als Hilfsarbeiter lebte. Nach dem Ersten Weltkrieg blieb seine Lage prekär. Voller Selbstironie schildert Graf sein inneres Chaos, seine Revolutionshoffnung – er beteiligte sich am Streik der Munitionsarbeiter und anderen Aktionen, wurde mehrfach inhaftiert – dann aber auch seine Enttäuschung. Die Revolution sei nur eine „schlechte Posse“, schreibt er. Die Zukunft schien dahin.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Oskar Maria Graf
Wir sind Gefangene
Ein Bekenntnis
Bayerischer Rundfunk/Der Audio Verlag, Berlin 2018, MP3-CD, Laufzeit 6 Stunden 30 Minuten, € 10,–