China und Japan – „zwei Reiche unter einem Himmel“, wie es im Untertitel heißt – sind aufeinander verwiesen. Die Beziehungen aber changierten im Lauf der Geschichte zwischen „ewiger“ Freundschaft und heftigstem Konflikt. Der Hamburger Historiker Kai Vogelsang, exzellenter Kenner der Materie, legt einen großen Überblick über die wechselseitigen Verflechtungen der beiden Länder vor, von den frühesten Anfängen, als die japanischen Inseln sich vom ostasiatischen Festland trennten und eigene kulturelle Konturen auszubilden begannen, bis heute.
Zunächst war das Verhältnis von höchst ungleicher Entwicklung geprägt: Während in China seit dem 2. Jahrtausend v. Chr. eine beeindruckende kulturelle Blüte einsetzte, lebten die Japaner noch in der Steinzeit. Die chinesische Kultur prägte die Japaner dann für mehr als zwei Jahrtausende, bis diese zunehmend selbstbewusst wurden und die „China-Importe“ in Kunsthandwerk, Architektur oder Malerei ihrerseits perfektionierten.
Im 19. Jahrhundert drehten sich die Vorzeichen um: Durch die Öffnung zum Westen und eine rasante Modernisierung gewann Japan die Oberhand und wurde nun von China kopiert. Unauflöslich war das Wechselverhältnis: Selbst nach dem Grauen des Zweiten Weltkriegs wurden die Beziehungen schon bald „freundschaftlich“ weitergeführt. Wer die japanisch-chinesische Entwicklung und damit auch das Heute besser verstehen will, dem sei dieses profunde Buch sehr empfohlen.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Kai Vogelsang
China und Japan
Zwei Reiche unter einem Himmel
Kröner Verlag, Stuttgart 2020, 504 Seiten, € 28,–