Mit etlichen Bilddokumenten angereichert, richtet sich die vorliegende umfassende Darstellung William Shakespeares und seines Werks an den interessierten Laien. Und diesem bietet das Buch über weite Strecken pragmatisch nüchterne Informationen zum historischen Kontext, der Kultur der Shakespeare-Zeit, zur Biographie Shakespeares und zu seinem Werk, das systematisch (Historien, Komödien und Tragödien) und chronologisch differenziert erläutert wird.
Eine Auseinandersetzung mit der Forschungsliteratur, in der die Monographie zu gründen beansprucht, wird explizit ausgespart; dennoch erlauben die im Anhang aufgelisteten Titel die Rekonstruktion des Forschungsfundaments der Studie, das weitausgreifend und eklektisch zugleich ist. Mag man das Fehlen einzelner, auch neuerer deutscher Titel überraschend finden, so wird dies zur Marginalie angesichts von Interpretationen, die nicht zu überzeugen wissen.
Dies gilt für einige Versuche, die Sonette und Passagen einzelner Dramen als eine hoch- spekulative Mental(auto)biographie Shakespeares zu lesen, obwohl Gelfert völlig zu Recht die (teils analog argumentierenden) Diskussionen in der Forschung um die Verfasserschaft als reine Spekulationen zurückweist.
Außerdem gibt es leider et‧liche Fehler und Versäumnisse. So war etwa Cromwell weder 1535 noch überhaupt Kanzler, Machiavellis „Il Principe“ war bereits Mitte und nicht erst Ende des 16. Jahrhunderts in England bekannt. Die erste Gesamtausgabe eines englischen Dramatikers im Folio-Format war Ben Jonsons „The Works“ von 1616 und nicht Shakespeares „First Folio“, auch für die Gattung „Historie“ gibt es antike Modelle.
Speziell für die ins Auge gefasste Leserschaft wäre die Deutung der innovativen Funktion(en) des Chores in „Heinrich V.“ ebenso hilfreich gewesen wie ein kurzer Hinweis auf die englischen Übersetzungen der Seneca-Tragödien oder das beste Beispiel für politische Bühnenzensur, nämlich Thomas Middletons „A Game at Chesse“ (1624). Die Aufführung dieses Stückes wurde auf Anordnung des Königs nach zehn Tagen verboten.
Der adressierten Leserschaft ist wohl geschuldet, dass die Werke Shakespeares zumeist nur in deutschen Übersetzungen des Autors zitiert werden. Diese Übersetzungen sind größtenteils durchaus elegant, in einigen Passagen freilich auch unschön und in der Sache problematisch oder schlicht falsch: „The Fall of Princes“ verweist natürlich nicht auf den Sturz bzw. den Untergang von Prinzen, wie Gelfert schreibt, sondern von Fürsten.
Als Resümee ist festzuhalten: ein schönes, kluges, nüchtern erzählendes und wertendes, opulent ausgestattetes Coffee-Table-Book, das für so manches Detail allerdings einen aufmerksamen und auch kritischen Leser einfordert.
Rezension: Prof. Dr. Uwe Baumann