Dass Menschen fluchen oder ihre Gegner beleidigen, ist keine Erfindung unserer Gegenwart. In der Geschichtswissenschaft haben Phänomene der Schmähung, Beleidigung, Herabwürdigung und Bloßstellung – zusammengefasst unter dem Begriff „Invektivität“ – gerade Konjunktur.
Der Althistoriker Karl-Wilhelm Weeber zeigt seiner Leserschaft auf kurzweilige Art, wie die Römer auf Latein fluchten, schimpften, beleidigten, drohten und verspotteten. Selbst Cicero, Großmeister der Rhetorik, kannte jede Menge handfeste Beleidigungen und würdigte seinen Gegenspieler Lucius Calpurnius Piso unter anderem als „kastriertes Schwein“ herab.
Weebers Büchlein im klassischen Reclam-Format klärt darüber auf, wo man die reichhaltigsten Quellen für wüste Schimpfworte findet, aus welchen Bereichen uns Schmähvokabeln überliefert sind und wie Politiker im römischen Senat übereinander herzogen. Auch dem sexuell-obszön aufgeladenen Vokabular ist ein eigenes Kapitel gewidmet.
Weeber schöpft jedoch nicht nur aus Werken von Cicero, Plautus, Isidor, Catull oder Quintilian, sondern befasst sich zudem mit „Fluchtafeln“, analysiert Klo-Sprüche in Latrinen und Graffiti auf pompejanischen Mauern. Zudem erhalten wir Einblicke in die Warnschilder besorgter Römer, die verhindern wollten, dass Fremde an ihre Hauswände pinkelten (oder Schlimmeres). Wer schon immer auf etwas anspruchsvollere Art fluchen wollte, wird hier fündig.
Rezension: Anna Joisten
Karl-Wilhelm Weeber
Schöner schimpfen auf Latein
Philipp Reclam jun. Verlag, Ditzingen 2022, 128 Seiten, € 8,–