Mit einem Schiffbruch verbindet sich zunächst einmal ein Verlust des Schiffes, der Ladung oder gar des Lebens. Doch auch Gewinn kann er bedeuten, nämlich dann, wenn nach dem Scheitern der Weg frei wird für neue Ziele, die angesteuert werden. Ein interdisziplinärer Aufsatzband befasst sich mit diesem selten beleuchteten Zusammenhang, das heißt, mit Geschichten von realen Schiffbrüchen in der Neuzeit, aber auch mit der Art und Weise, wie sie in der Autobiographik, der Kunstgeschichte und der Literatur als Neuanfang verarbeitet wurden.
So beginnt zwar die „Insel Felsenburg“, jener berühmte, zwischen 1731 und 1743 erschienene Roman von Johann Gottfried Schnabel, mit der Bekanntgabe einer Schiffskatastrophe. Doch der Ruin zu Beginn eröffnet den Blick für neue Möglichkeiten, wie Peter Burschel darlegt. Die Schiffbrüchigen flüchten sich auf eine Insel und gründen dort eine neue Gesellschaft unter Gleichen – eine veritable Sozialutopie. Spannend liest sich auch die Analyse von Jörg Trempler, der die Rolle des Betrachters von Schiffbrüchen in der Kunst untersucht. Immer wieder werden auch hier Darstellungen des verheerenden Unglücks mit Symbolen neuer Hoffnung verknüpft.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Andreas Bähr/Peter Burschel/Jörg Trempler/Burkhardt Wolf
Untergang und neue Fahrt
Schiffbruch in der Neuzeit
Wallstein Verlag, Göttingen 2020, 186 Seiten, € 24,90