Die 150-jährige Geschichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands ist gekennzeichnet von Emanzipationserfolgen und einem Zugewinn an politischem und gesellschaftlichem Einfluss. Doch was wird angesichts der Teilhabe an der Macht aus den früheren Werten und Normen, dem Kampf für die Entrechteten? Und wie ist die Zukunft der Partei einzuschätzen? Mit dieser brisanten Problemstellung befassen sich Franz Walter, Direktor des Göttinger Institus für Demokratieforschung, und Stine Marg, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut. Zunächst werfen die Verfasser ein Schlaglicht auf die Spannung zwischen Bildungsbürger und Industrieproletariat, zwischen den Intellektuellen und der Facharbeiterschaft, die so prägend für die SPD war und ist.
Pointiert und provokant wird Ferdinand Lassalle etwa als „Typus des egozentrischen und überheblichen Bohemiens“ charakterisiert und gefolgert, dass „keine geraden Pfade“ von ihm zu Friedrich Ebert oder Kurt Beck führen. Gefragt wird aber auch nach der heutigen Rolle der Intellektuellen zwischen Moralapostel und Störfaktor. Zweiter wichtiger Gegenstand der Betrachtungen ist die durchaus ambivalente Rolle von Ordnung, Organisation und Planung im Prozess der Parteientwicklung. Ein anregendes, eingängig geschriebenes Buch.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger