Die Weimarer Republik war von Beginn an ein instabiles Konstrukt. Eine „Republik ohne Republikaner“ sei sie aber definitiv nicht gewesen, so lautet eine der Thesen Benjamin Ziemanns, der in seiner Monografie „Veteranen der Republik“ schlaglichtartig die Geschichte des Pazifismus und der Sozialdemokratie untersucht. Dem Autor geht es dabei um das Feld der Kriegserinnerungen und -deutungen, um das in der Weimarer Republik mit harten Bandagen gekämpft wurde. Ziemanns Ansatzpunkt dafür sind die zahlreichen deutschen Kriegsveteranen, die sich in Veteranenverbänden wie dem sozialdemokratischen (aber offiziell parteineutralen) „Reichsbanner“ organisierten.
Der Autor umgeht eine konsequente „Erzählung“ der Ereignisse, sondern kontextualisiert und verknüpft diese mit exemplarischen Biografien und aussagekräftigen Anekdoten. Dem Lesefluss tut das gut. Ziemann greift immer wieder gängige Deutungsmuster in der Geschichtswissenschaft auf und widerlegt diese. Die Vorstellung, in der Weimarer Republik habe die nationalistische Kriegserinnerung dominiert, weiß der Sheffielder Professor geschickt auszudifferenzieren und malt anhand einer Fülle von Beispielen ein Bild durchaus wehrhafter Republikaner in den Anfangsjahren und der „goldenen Zeit“ Weimars.
Das Buch behandelt auch die Differenzen zwischen nationalistischen, pazifistischen und sozialdemokratischen Veteranenverbänden bei der Errichtung von Kriegsdenkmälern und in der medialen und literarischen Kriegserinnerung. Dafür greift Ziemann sowohl auf die Kontroverse um ein Reichsehrenmal zurück als auch auf den bekanntesten Anti-Kriegsroman der Weimarer Zeit: „Im Westen nichts Neues“ von Erich Maria Remarque.
Insgesamt porträtiert Ziemann die Unsicherheit einer jungen Republik und ihrer Unterstützer treffend, weist aber auch nach – und damit leistet das Werk echte Forschungsarbeit -, dass die republikanischen Verbände das Feld der Kriegserinnerung und die Deutungshoheit über das Kriegsgeschehen der Rechten bis zur „Machtergreifung“ Hitlers nicht kampflos überließen.
Rezension: Tim Brückmann