So fern das Mittelalter uns heute erscheint – und das zu Recht, denn es war eine andere, eine fremde Welt – so sehr ist unsere Zeit noch immer von Mittelalterlichem geprägt. Dies bewusst zu machen hat sich eine Ring‧vorlesung an der Universität Würzburg vorgenommen, deren Vorträge jetzt in einem lesenswerten Sammelband erschienen sind. Ob der Roman oder die Pfarrei, die Reklame, die Brille oder die Universität – all das hat seine Wurzeln im Mittelalter. Und so nimmt das Buch den Leser auf eine informative und gut lesbare Entdeckungsfahrt in die Vergangenheit mit, wenn etwa Marcus Frankl eine Verbindung zwischen mittelalterlicher Heraldik und moderner Werbung herstellt.
Steffen Patzold aber sieht noch in anderer Hinsicht eine Nähe unserer Gegenwart zum Mittelalter: so bei den heutigen „asymmetrischen Kriegen“, in die viele nicht-staatliche Akteure verwickelt sind; ähnlich unübersichtliche Konflikte gab es im Mittelalter. Und verweisen nicht auch die tendenzielle Auflösung der Trennung von öffentlich und privat, von schriftlicher und mündlicher Kommunikation oder der Zweifel am Fortschrittsoptimismus auf eine neue Aktualität des Mittelalters?
Rezension: Dr. Heike Talkenberger