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Türkei – Wiege der Zivilisation

Zick, Michael

Türkei – Wiege der Zivilisation

Auf dem Göbekli Tepe, dem „bauchigen Berg“ in Anatolien, bauten die Menschen um 9500 v. Chr. die erste Tempelanlage der Welt. Die Jäger und Sammler nutzen ihre gigantischen Bauten als reine Kultstätte, noch waren sie nicht sesshaft. Im Jahr 2006 konnte dort das älteste Relief einer menschlichen Figur sichergestellt werden, doch ebenso wie für die zahlreichen Tierfiguren auf den steinernen Stelen sind die archäologischen Interpretationen noch zu keinem endgültigen Schluss gekommen. Darin liegt der Reiz dieser Wissenschaft, auf deren Spuren der Autor Michael Zick einen Streifzug durch das Gebiet der heutigen Türkei vom 12. Jahrtausend bis zum 6. Jahrhundert v. Chr. unternimmt. In seinem Buch „Türkei – Wiege der Zivilisation“ zeichnet er Entwicklungen in dieser Region nach, die für die Menschheit entscheidend waren: Sesshaftigkeit und Landwirtschaft, Schrift und Verwaltung, Kunsthandwerk und Handel. Dass sich viele dieser Errungenschaften schon in prähistorischer Zeit und in bisher kaum bekannten Kulturen und Völkern ausgebildet haben, wirkt verblüffend. Die ersten „sesshaften Jäger“ von Nevali Çori (Anatolien) lebten zwar noch ohne Keramik, konstruierten aber vermutlich ein unterirdisches System zur Kühlung ihrer Vorräte. In Gesprächen mit Archäologen und dank eindrücklicher Großaufnahmen von Funden und Landschaften lässt der Autor den Leser teilhaben an den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft und der landschaftlichen Schönheit der Grabungsstätten.

Das Großreich der Hethiter prägte im 13. Jahrhundert v. Chr. die Kräfteverhältnisse Anatoliens maßgeblich. Schon 1500 v. Chr. erließ der hethitische Großkönig Telipinu ein Edikt, das als eine Art „erste Staatsverfassung der Welt“ angesehen werden kann und Einigkeit, Loyalität und Verantwortungsbewusstsein im politischen Handeln propagierte. Zudem brachte eine Expansionswelle der Hethiter ab 1400 v. Chr. die Vertragspolitik als völlig neues Element der menschlichen Geschichte: Umliegende Staaten wurden nun mehrheitlich nicht mehr militärisch erobert, sondern per Vertrag angegliedert, so dass ein Staatenverbund entstand. Ein weiterer Meilenstein früher Diplomatie ist der erste schriftlich fixierte internationale Friedensvertrag von 1259 v. Chr., den die Hethiter mit den Ägyptern schlossen. In vielerlei Hinsicht also unterschieden sich die Hethiter von den Völkern ihrer Zeit, doch noch lässt sich nicht sagen, wie deren Ideen und damit das „politische und kulturelle Unikat in der Geschichte des Alten Orients“ entstanden sind. Auch übertrugen die Hethiter anscheinend ihre Kultur nicht auf die von ihnen beherrschten Völker, sie exportierten weder ihre Verwaltung noch ihre Lebensart. Die überlieferten Textquellen stehen daher im Widerspruch zu den – nicht vorhandenen – archäologischen Funden. Das westliche Kleinasien beispielsweise wurde zwar angeblich von den Hethitern dominiert, weist aber bisher keine hethitischen Keramikfunde auf.

Um 1200 v. Chr. verschwanden die Hethiter auf mysteriöse Weise aus der Geschichte. Viele Wissenschaftler haben bisher die so genannten Seevölker dafür verantwortlich gemacht, doch neuere Meinungen widersprechen der These, das Reich wäre erobert und zerstört worden. Es soll vielmehr nach und nach aufgegeben worden und verfallen sein. Ein unspektakuläres Ende? Michael Zick ist es gelungen, offene Fragen und bahnbrechende archäologische Neuansätze zu vereinen. Obwohl einzelne Deutungsversuche nicht jedem einleuchten mögen, kann der Leser die Faszination der Forscher angesichts ungewöhnlicher Funde nachvollziehen und sich zugleich ein eigenes Bild von den Anfängen menschlicher Zivilisation auf dem Gebiet der heutigen Türkei machen.

Rezension: Gnädinger, Constanze

Zick, Michael
Türkei – Wiege der Zivilisation
Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2008, 167 Seiten, Buchpreis € 36,00
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