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Tod am Kap. – Geschichte des Burenkriegs.

Bossenbroek, Martin

Tod am Kap. – Geschichte des Burenkriegs.

Wer spricht heute noch vom Burenkrieg? Der Utrechter Historiker Martin Bossenbroek tut es, und zwar in einer höchst instruktiven und anschaulichen Sprache. Auf knapp 600 Seiten entfaltet er ein plastisches Panorama der Vorgeschichte, der eigentlichen Kampfhandlungen sowie der Ergebnisse dieses äußerst brutal geführten Kriegs. Mit einem Drittel des Textes gerät dabei die Vorgeschichte sehr ausführlich, hier hätte eine gelegentliche Straffung nicht geschadet, während im rund zehn Seiten umfassenden Epilog die Bilanz ein wenig mager ausfällt.

Zu Recht weist Bossenbroek darauf hin, dass seit den Studien von Peter Warwick Anfang der 1980er Jahre in der Forschung zunehmend von einem südafrikanischen Krieg die Rede ist, weil dieser Begriff bezeichnet, dass auch Nicht-Weiße in nicht unerheblichem Maß in das mörderische Ringen einbezogen waren. Für das europäische Lesepublikum wird aber weiterhin der Begriff „Burenkrieg“ verwendet.

Der Autor hebt eingangs hervor, dass seine Darstellung des Kriegs erstmals niederländische Akteure angemessen bei der Interpretation der Geschehnisse berücksichtigt, während bislang die britischen und afrikaansen Kontrahenten die Geschichtserzählung beherrschten (der Begriff „Afrikaans“ scheint treffender für die überwiegend niederländischstämmigen Bewohner Südafrikas, im Unterschied zu dem altmodischen „Afrikander“, der sich in der vorliegenden Übersetzung findet).

Bossenbroek stützt sich zunächst und vor allem auf die jahrelange Tätigkeit des niederländischen Juristen Willem Leyds, der Staatssekretär des südafrikanischen Präsidenten Paul („Ohm“) Kruger war. Ergänzt wird dieser Blickwinkel durch den klassisch britischen, der hier im Wesentlichen auf die Zeugnisse des vor Ort rastlosen und physisch mutigen Journalisten Winston Churchill zurückgreift, sowie durch die afrikaanse Perspektive. Hauptgrundlage dieser Schilderungen ist das abenteuerliche Wirken von Deneys Reitz, des Sohns von Francis William Reitz, dem Nachfolger von Willem Leyds im Amt des Staatssekretärs unter Kruger.

So entsteht ein lebhaftes und faktenreiches Bild des Kriegsverlaufs, das auch dem Schicksal der Nicht-Weißen gerecht zu werden versucht. Deren Bewaffnung durch Briten und Afrikaaner wurde zwar stets lautstark verurteilt, aber von beiden Seiten wohl doch in Grenzen durchgeführt. Tätigkeiten in der Etappe sowie als Kundschafter bildeten die Hauptaktivität der Nicht-Weißen in diesem Krieg, die im Übrigen im Fall ihrer Gefangennahme von den Briten auch in die berüchtigten Lager für afrikaanse Frauen und Kinder eingewiesen wurden.

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Im abschließenden Epilog des Werks finden sich zwei Gedanken Bossenbroeks, die ein wenig stutzen lassen. Zum einen behauptet er, dass sich die Briten im Frieden von Vereeniging im Jahr 1902 von den geschlagenen Afrikaanern in der Frage des künftigen Ausschlusses der Nicht-Weißen vom Wahlrecht hätten „über den Tisch ziehen lassen“, um dann aber verallgemeinernd fortzufahren, dass „die Weißen“ sich darauf verständigt hätten, die nicht-weiße Bevölkerung von den politischen Rechten auszuschließen. Hat sich da eine Seite vielleicht ganz gern über den Tisch ziehen lassen?

Und auch in einem anderen Punkt bleibt das britische Element etwas unterbelichtet. Mit Ausrufung der Südafrikanischen Republik am 31. Mai 1961 und dem Austritt des Landes aus dem Commonwealth hätten die „bittereinders“, also jene Afrikaaner, die 1902 den aussichtslosen Kampf hätten weiterführen wollen, doch noch „ihren Willen“ bekommen, schreibt der Autor, denn die „Buren“ seien nun „die Herren in ganz Südafrika“ geworden. Wohl wahr. Oder doch nur zur Hälfte?

Es gab im Südafrika der Apartheid nach 1961 eine Art ungeschriebene Arbeitsteilung: Die Afrikaaner machten die Politik – und bezogen dafür regelmäßig Prügel der internationalen Staatengemeinschaft –, hingegen dominierte das etwa gleich starke britischstämmige Bevölkerungselement klar die Wirtschaft. Und wer in einem Haus über die Wirtschaft bestimmt, nimmt sicher auch teil an der Herrschaft desselben. Doch dies sind nur Marginalien. Zu empfehlen ist ein überaus lesenswertes Buch über den Burenkrieg bzw. Südafrikanischen Krieg.

Rezension: Dr. Albrecht Hagemann

Bossenbroek, Martin
Tod am Kap. – Geschichte des Burenkriegs.
Verlag C. H. Beck, München 2016, 624 Seiten, Buchpreis € 29,95
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