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Theodor Heuss

Radkau, Joachim

Theodor Heuss

Nachdem es jahre-, ja jahrzehntelang ruhig um Theodor Heuss war und er vergessen schien, sind 2013 gleich mehrere Biographien veröffentlicht worden. Von diesen unterscheidet sich die von Joachim Radkau in mancherlei Hinsicht. Das Buch heißt einfach „Theodor Heuss“, versagt sich die Bemerkung „Biographie“ und verzichtet auf einen erläuternden Untertitel. Radkau meint, Heuss verkörpere die Modernisierung Deutschlands vom Kaiserreich bis in die frühe Bundesrepublik, insofern ist sein Name Programm.

Die Lebensstationen von Heuss sind hinlänglich bekannt, Radkau fügt im politischen Bereich nichts Neues hinzu. Doch was sein Buch von ähnlichen Werken unterscheidet, ist zweierlei: Die Perspektive ist nicht auf eine politische Biographie ausgerichtet, Radkau interessiert das Leben des Mannes jenseits des Politischen viel mehr. Und der Stil des Autors ist recht einzigartig, manchmal glänzend, manchmal gewöhnungsbedürftig.

Wie sichtlich er um Originalität bemüht ist, zeigt sich bereits an den unzähligen Überschriften; im Grunde ist das Buch im besten Sinn anekdotisch. Radkaus liebstes Satzzeichen ist das „!“, damit der Leser auch ja versteht, wie bedeutsam das Geschriebene ist. Heuss wollte die Deutschen nach 1945 „entkrampfen“; dabei konnte er auch krampfhaft an Dingen festhalten, die uns heute sonderbar erscheinen. Im Streit um die neue Nationalhymne etwa verrannte er sich unsäglich – und hätte zu einer lächerlichen Figur werden können.

Dieses Ausloten von Möglichkeiten gefällt an Radkaus Buch. Der Autor sagt, er habe Heuss als „Hobby“ betrieben, und das Spielerische scheint durch. Die „Entkrampfung“ konnte bald banal werden, und Heuss war nicht nur brillant, sondern ebenso weitschweifig, zunehmend selbstverliebt und kokettierte mit der Koketterie. Radkaus Urteil ist so wohltuend zwischen dem „Heuss-Kult“ und der „Heuss-Verdammnis“, wie sie unter dem Blickwinkel der Ereignisse von 1968 formuliert wurde, angesiedelt.

Es macht deutlich, dass sich die zersplitterte Vielseitigkeit, die Heuss’ Handicap vor 1945 war, nach 1949 in einen Trumpf verwandelte. Dies geschah jedoch nur, weil er damit zum Gegenpol Konrad Adenauers wurde – „Yin und Yang“ nennt Radkau das entsprechende Kapitel. Eine wichtige Rolle nehmen die Briefe an und von Toni Stolper ein, Heuss’ später Liebe. Einmal sagte Heuss: „Ich glaube, es wird mein Schicksal sein, ein Fossil aus der Biedermeierzeit zu werden.“ Dass Heuss gerade deshalb so gut in unsere Zeit passte, wäre ein Trugschluss.

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Rezension: Prof. Dr. Edgar Wolfrum

Radkau, Joachim
Theodor Heuss
Carl Hanser Verlag, München 2013, 640 Seiten, Buchpreis € 27,90
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