Clara Immerwahr wurde im Jahr 1900 als erste Frau an der Universität Breslau promoviert. 1915 erschoss sich die jüdische Chemikerin, nachdem sie herausgefunden hatte, dass ihr Ehemann Fritz Haber sich an der Herstellung von Giftgas beteiligt hatte, das nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs eingesetzt worden war. In ihrem tragischen Schicksal zeigt sich die zeittypische Benachteiligung von Frauen und Juden.
Immerwahr ist eine von 30 Personen, deren Lebensläufe die Buchautorin Roswitha Schieb beleuchtet. Alle Porträts handeln von Schriftstellern, Künstlern, Schauspielern, Wissenschaftlern oder Politikern aus den letzten 200 Jahren. Darunter finden sich nicht nur bekannte Figuren wie die Schauspielerin Marlene Dietrich, sondern auch heute vergessene Persönlichkeiten wie die Schriftstellerin Fanny Lewald. In den Biographien der vorgestellten Personen spiegelt sich die deutsche Geschichte unter dem Eindruck der Zeit des Nationalsozialismus einschließlich seiner Vorgeschichte und seiner Nachwirkungen.
Einen Schwerpunkt legt Schieb dabei auf Einzelschicksale, die eng mit der deutsch-polnischen Vergangenheit verbunden sind und mit den Verwerfungen der Geschichte in besonderer Weise konfrontiert wurden. Ihr Buch zeigt dabei die Spannungsfelder und die Zerrissenheit dieser Schicksale in ihren vielfältigen Ausprägungen.
Rezension: Anna Joisten
Roswitha Schieb
Risse
Dreißig deutsche Lebensläufe
Lukas Verlag, Berlin 2019, 303 Seiten, € 24,90