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Scharfer Beobachter der frühen Nazi-Diktatur

Manuel Chaves Nogales

Scharfer Beobachter der frühen Nazi-Diktatur

dam0423bue02.jpgDer 1897 in Sevilla geborene Schriftsteller und Journalist Manuel Chaves Nogales hatte 1924 die Leitung der liberalen Zeitung „Heraldo de Madrid“ übernommen und 1930 das Blatt „Ahora“ mitbegründet. Nach einem Reisebericht über die Entwicklung in der Sowjetunion schrieb er Reportagen über rechte autoritäre Regime in Europa. Er reiste durch das faschistische Italien und ging im April 1933 für ein paar Wochen nach Deutschland. Für „Ahora“ verfasste er zwölf ausführliche Berichte über die Anfänge der nationalsozialistischen Diktatur und die Stimmungslage der deutschen Bevölkerung, die nun erstmals in deutscher Übersetzung vorliegen.

Im ersten, am 14. Mai 1933 erschienenen Artikel mit dem markanten Motto „Immer noch in den Schützengräben“ schildert Chaves Nogales in bitterem Ton seine Begegnungen mit von „Krieg, Niederlage, Inflation, Kommunismus, Krise, Arbeitslosigkeit“ gezeichneten Nationalsozialisten. Auf seine Frage, was Deutschland vorhabe, erhielt er zur Antwort: „Krieg“. „Binnen drei Jahren ein neuer Krieg“ überschrieb Chaves Nogales daher den zweiten Artikel. Im dritten Artikel berichtet er über das öffentliche Auftreten von SA und SS, und in den nächsten beiden Folgen beschrieb er, wie die neuen Machthaber die Lager des Freiwilligen Arbeitsdienstes militarisiert hatten. „Hitlers Triumph ist heute absolut“, heißt es über die Feier am 1. Mai. Mit sarkastischen Bemerkungen hat Chaves Nogales sein Interview mit Joseph Goebbels eingeleitet: Er gehöre „zur lächerlichen, grotesken Sorte Mensch“. Im siebten Beitrag geht er der „Korrumpierung der Jugend“ durch Manipulation nach. In der nächsten Folge wies er darauf hin, dass Frauen zu einer „der stärksten Stützen Hitlers“ geworden seien, und im neunten Artikel befasste er sich mit alltagsgeschichtlichen Aspekten der NS-Herrschaft.

Den wohl markantesten Beitrag veröffentlichte Chaves Nogales am 26. Mai 1933 unter der Überschrift „Die methodische Ausrottung der Juden“. Hellsichtig schrieb er, dass Hitler „seine Versprechungen von der Ausrottung der Juden wahrmachen“ werde. Die deutsche Bevölkerung, so heißt es in der elften Folge über die von Nationalsozialisten übernommene Polizei, lebe „unter einem Regime …, das auf Polizeiterror beruht“. Im zwölften und letzten Artikel porträtiert Chaves Nogales mit beißenden Worten die deutschen Monarchisten und charakterisiert Franz von Papen, Alfred Hugenberg und Franz Seldte als Minister von Hitlers Gnaden. Aber, so die ironische Schussbemerkung von Chaves Nogales, in Wirklichkeit „ist Hitler bloß ein Kunstmaler, der nicht malen konnte“.

Nun sind diese scharfsinnigen Wahrnehmungen des spanischen Republikaners über die ersten Monate der nationalsozialistischen Herrschaft auf Deutsch nachzulesen. Sie zeigen, wie dieser liberale Zeitzeuge hellsichtig mit dem geschärften Blick von außen und historischer Urteilskraft schon im Mai 1933 die Hintergründe und Dimensionen der nationalsozialistischen Gewaltpolitik erkannt hat.

Rezension: Prof. Dr. Ulrich Wyrwa

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Manuel Chaves Nogales
Deutschland im Zeichen des Hakenkreuzes
Aus dem Spanischen und eingeführt von Frank Henseleit
Kupido Verlag, Köln 2022, 153 Seiten, € 24,80.

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