„Ein bewusster Europäer wurde ich irgendwann zwischen dem ersten Inhalieren von Gauloises-Tabakrauch als Schuljunge im Jahr 1969 und dem Signieren meiner Bücher im revolutionären Budapest im Jahr 1989.“ Bereits im Prolog seines neuen Buches macht der renommierte Historiker Timothy Garton Ash, Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford, deutlich, dass er hinter der Idee eines geeinten Europas steht. Diese Idee zieht sich wie ein roter Faden durch seine „persönliche Geschichte“ über den Kontinent.
Das Europa nach dem Zweiten Weltkrieg, wie Ash es erlebt hat, war erst „zerstört“ (1945), dann „geteilt“ (1961–1979), anschließend „aufstrebend“ (1980–1989), schließlich „triumphierend“ (1990–2007) und zuletzt „taumelnd“ (2008 – 2022). Diesen Etappen folgt die Gliederung des Buches. Von der Nachkriegszeit bis zum Krieg in der Ukraine widmet sich der Autor prägenden Ereignissen der europäischen Geschichte, lässt dabei stets persönliche Erinnerungen einfließen und schöpft aus Tagebüchern, Lektüren, Beobachtungen und Gesprächen. Wer nun denkt, dass das Buch einer Aneinanderreihung von Anekdoten gleicht, irrt: Der Historiker stützt sich auch auf zentrale Quellen und moderne Forschungsliteratur. Seine persönliche und seine wissenschaftliche Perspektive verschmelzen so zu einer klugen Analyse der europäischen Gegenwartsgeschichte.
Rezension: Dr. Anna Joisten
Timothy Garton Ash
Europa
Eine persönliche Geschichte
Carl Hanser Verlag, München 2023, 448 Seiten, € 34,–