Die 800-seitige Michelangelo-Biographie des renommierten Kunsthistorikers Horst Bredekamp ist ein Meilenstein. Als Quintessenz der jahrzehntelangen Beschäftigung des Autors mit dem Renaissance-Künstler umfasst sie dessen Lebensstationen zwischen Florenz, Venedig, Bologna und Rom und schildert die prägenden Einflüsse sowie die weitgespannten Netzwerke, die Michelangelo zu knüpfen wusste. Darüber hinaus besticht das Buch mit detaillierten Analysen aller seiner Werke und einer instruktiven Gesamtdeutung. Die 900 Abbildungen tun ein Übriges zum überwältigenden Gesamteindruck.
Bredekamp situiert Michelangelo zwischen „Anmaßung und Demut“, zwischen Künstlerstolz und der Gewissheit, dass selbst die gelungenste künstlerische Formgebung immer etwas Unvollendetes bleiben muss. Damit sprengte er alle Konventionen. Widersprüche durchzogen das Leben Michelangelos, das von beispiellosem Ruhm ebenso geprägt wurde wie von herben Niederlagen, von Trauer und Melancholie, aber auch von heiterer Geselligkeit. Wer den Künstler und sein 75-jähriges Schaffen besser verstehen möchte, sollte zu diesem Buch greifen.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Horst Bredekamp
Michelangelo
Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2021, 810 Seiten, € 89,–