„Die Verbindung von Geistigkeit und Vernünftigkeit, von Vollkommenheit und Gotteserkenntnis, von Demut und Glückseligkeit“ benennt Dietmar Mieth als „leitende Intuitionen“ des Meister Eckhart. Geboren als Eckhart von Hochheim im Jahr 1260, ist dieser einer der faszinierendsten Denker des späten Mittelalters. Mit seinem Buch „Meister Eckhart“ widmet sich Mieth historischen, theologischen und philosophischen Fragestellungen zu dem berühmten Dominikaner, seiner Lehre und seinem Schaffen. Der Autor ist ein ausgewiesener Kenner, er ist Präsident der Meister-Eckhart-Gesellschaft und ehemaliger Professor für Theologische Ethik an der Universität Tübingen.
Mieth dringt tief in die Theorie Eckharts, seine Quellen und die intertextuellen Bezüge seines Schreibens ein. Er verliert dabei nicht die zentralen Thematiken der jeweiligen Kapitel aus den Augen. So untersucht er die Beziehung zwischen „Gott und Mensch“, beleuchtet Eckharts Werk anhand von „Wort“ und „Bild“, widmet sich den Themen „Spiritualität, Ethik, Mystik“ und geht dem Vorwurf der Häresie auf den Grund. Besonders interessant ist die Verbindung zwischen Eckhart und Marguerite Porete, die seine Zeitgenossin war und ihm in mancherlei Hinsicht als Inspiration gedient haben mag. Hier bezieht Mieth sich vor allem auf die Idee der Freiheit, im religiösen wie persönlichen Sinn, und eröffnet den Blick auf die religiöse Frauenbewegung und die Mystik.
Als „einer, der mehr wissen wollte, als nötig ist“, wurden Eckhart und seine Werke, posthum im März 1329, durch eine päpstliche Bulle als häretisch verurteilt. Ohne eine „Apologetik Eckharts“ im Sinn zu haben, stellt Mieth ausführlich dar, wie begeistert und intensiv Eckharts Arbeiten während und auch nach dem Mittelalter rezipiert wurden. Im Idealismus im 19. Jahrhundert und im psychoanalytischen Humanismus des 20. Jahrhunderts lassen sich Bezüge zu Eckhart erkennen. Mieth betont hiermit die, seiner Meinung nach, andauernde Bedeutung von Eckhart für die Philosophie und auch für das Christentum.
Rezension: Lea Maria Ferguson