Mit der Biographie „Meine Lehrerin, Dr. Dora Lux“ skizziert die Soziologin Hilde Schramm das Porträt einer unbekannten, aber umso erstaunlicheren Frau. Aus persönlicher Sicht und mit einer gehörigen Portion Zuneigung und Respekt geschrieben, entsteht das Bild einer engagierten Pädagogin jüdischer Abstammung. Geboren 1882, erlebte Dora Lux das Kaiserreich, die turbulente Zeit der Weimarer Republik, die Verfolgung während der NS-Zeit und das junge Nachkriegsdeutschland.
Motiviert haben die Autorin die selbständige Art und die innere Stärke ihrer ehemaligen Lehrerin sowie Dora Lux‘ Engagement als Frauenrechtlerin und Intellektuelle. Hilde Schramm, deren Vater Albert Speer als NS-Kriegsverbrecher verurteilt wurde, bekennt außerdem das Bedürfnis, sich mit einem der Opfer und Gegner des Nationalsozialismus auseinanderzusetzen zu wollen.
Der Leser verfolgt die Kindheit und spätere Ausbildung von Dora Lux, wie sie sich in der studentischen Männerwelt durchsetzten musste und als eine der ersten Frauen in Deutschland ihre Promotion als Altphilologin erlangte. Auch in der NS-Zeit ist sie ihren eigenen Weg gegangen. Trotz Berufsverbot und Verfolgungsrisikos äußerte sich Lux mit öffentlichen liberalen Stellungnahmen in der Zeitschrift Ethische Kultur. Durch die Weigerung, sich als Jüdin registrieren zu lassen, entging sie mithilfe eines loyalen Netzwerks aus Familie und Freunden der Deportation.
In der Nachkriegszeit lernte die Autorin Hilde Schramm die schon betagte Frau als junge Schülerin kennen. Wie die Berichte ehemaliger Klassenkameradinnen zeigen, nahm die Latein- und Geschichtslehrerin im Leben der Mädchen ein prägender Einfluss.
Die Biographie, offen, couragiert und nüchtern, dafür umso wirkungsvoller, gehalten, spiegelt den Charakter der Dora Lux wieder. Die Autorin weist zusätzlich auf fünf Essays im Internet zur Bildungs- und Frauengeschichte hin, die die Thematik vertiefen.
Rezension: Christina Reich