Bereits die Römer selbst sahen ihre stabile Ordnung auf der Leistung vieler Generationen, nicht eines einziges Gesetzgebers gegründet. Aber auch die Bedrohung dieser Stabilität schien in einer anonymen, kulturverändernden Kraft zu wohnen: dem Wohlstand und der luxuria, die der Erfolg mit sich brachte. Muße und Reichtum, sonst wünschenswerte Dinge, wurden den Römern zur Last und zum Unglück, so bemerkte der Geschichtsschreiber Sallust schon in der ausgehenden Republik. Die sozusagen reale Basis des Dekadenzdenkens illustriert Karl-Wilhelm Weeber in seinem neuesten, durch die farbigen Abbildungen auch ästhetisch ansprechenden Buch, das der Quellenlage wegen hauptsächlich die Verhältnisse in der Kaiserzeit behandelt. Detailreich, wenn auch gegenüber den literarischen Zeugnissen, die ja nie einfach Wirklichkeit abbilden, vielfach zu unkritisch werden unter anderem “lukullische Genüsse”, Bauluxus, Erotik und der Wellness-Betrieb behandelt. Mit Recht verankert Weeber den Luxus im Wertesystem der extrem auf Repräsentation, Wettbewerb und Status fixierten Gesellschaft Roms, weswegen es auch für den vielfach geforderten oder sogar gesetzlich angeordneten “Anti-Luxus-Ruck, der durch die feine Gesellschaft hätte gehen müssen”, keine wirkliche Akzeptanz gab. Systembedingte Unfähigkeit zum Umsteuern trotz vieler Einsichten und noch mehr guter Absichten – der schöne Band gibt auch zu denken auf.
Rezension: Walter, Uwe