Ein Graffito aus dem antiken Pompeji verkündet: „Oppius, du Pausenclown, du Dieb, du Langfinger!“ Cicero musste sich den Spottnamen „Kichererbse“ gefallen lassen, wohl wegen einer Warze im Gesicht. Das sind zwei eher harmlose Beispiele für die ausgeprägte Neigung der Römer, sich mit verletzendem Spott und wechselseitigen Schmähungen zu überziehen.
Diese Praxis, die geradezu zur Kunstform erhoben wurde, stand in krassem Gegensatz zur antiken Philosophie. So verurteilte Platon Schmähungen, da sie die soziale Harmonie stören würden. Doch das reale Verhalten der Römer sah anders aus. Diese „dunkle Seite“ der Antike hat Dennis Pausch untersucht und dafür vor allem literarische Quellen herangezogen.
Besonders in der späten Römischen Republik pflegte man intensiv den Angriff mit Worten. Wer damals politisch aktiv werden wollte, musste deftige
Beleidigungen seiner Gegner aushalten können, und er musste wenigstens hin und wieder seine eigene Fähigkeit zur sprachlichen Herabsetzung des politischen Kontrahenten unter Beweis stellen. Über die Gründe für die exzessiven Schmähungen kann Pausch nur Mutmaßungen anstellen: Vielleicht wollte man sich durch Beleidigungen „volkstümlich“ geben und sich so in populistischer Manier vom „Esta-blishment“ abgrenzen?
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Dennis Pausch
Virtuose Niedertracht
Die Kunst der Beleidigung in der Antike
Verlag C. H. Beck, München 2021, 221 Seiten, € 22,–