„Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen.“ Dies fand der selbst vielgereiste Goethe, und vor und nach ihm handelte so mancher nach diesem Motto. Eine unterhaltsame „Kulturgeschichte des Reisens“ legt nun Gabriele M. Knoll vor; sie nimmt den Leser auf eine Tour vom Mittelalter bis in die Gegenwart mit. Im Sinn hat sie dabei vor allem das touristische Reisen, wenn auch anderes wie die Pilgerreise, die Grand Tour, Wallfahrten oder Geschäftsreisen kurz anklingen. Hier bleiben aber die Ausführungen eher oberflächlich und ohne die notwendige Einbettung in den Gesamtkontext.
Substantieller wird der Text vor allem dort, wo es um Badereisen geht, dem neben dem Alpinismus eigentlichen Schwerpunkt des Buchs. Hier erfährt der Leser manches Wissenswerte über Bäderarchitektur – etwa ihre Wandlungen durch die Einführung der Trinkkuren – und über die Funktion von Kurorten als gesellschaftliche Treffpunkte. Auch die kurzgefaßte Geschichte so berühmter Bäder wie Karlsbad, Bad Nauheim, Bath oder Nizza liest man gern.
In den Textpassagen zum 20. Jahrhundert findet sich Kritisches zum Massentourismus und zu den neuesten Entwicklungen der Tourismusbranche, den Retortenstädten. Andererseits aber läßt das Buch den luxuriösen Charme der alten Grandhotels aufleben, ohne zu reflektieren, daß diese ja selbst schon oft ein Ziel des Massentourismus geworden sind und damit ihre Exklusivität verloren haben.
Schade ist auch, daß neben den Reisezielen dem Reisen selbst mit seinen Freuden und Gefahren sowie den sich wandelnden Transportmitteln verhältnismäßig wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird. Erfreulich sind dagegen die schöne Bebilderung des Bandes und die Anschaulichkeit des Textes mit seinen vielen aussagekräftigen Zitaten.
Rezension: Talkenberger, Heike