Maria Theresia war gerade einmal 23 Jahre alt, als sie die Regierungsgeschäfte der Habsburgermonarchie übernahm. Mitte des 18. Jahrhunderts zählte sie zu den mächtigsten Frauen Europas. Zugleich brachte sie während ihrer Regentschaft 16 Kinder zur Welt. Drei Mädchen starben sehr früh, für die anderen Kinder übernahm sie die Mutterrolle. Wie brachte die Herrscherin Kinder und Karriere unter einen Hut? Was für eine Art von Mutter war sie? Diesen Fragen geht die Philosophin und Historikerin Élisabeth Badinter nach.
Folgt man der Darstellung der Autorin, so hatte die Kaiserin ein modernes Verständnis von Mutterschaft. Bei der Erziehung ihrer Kinder habe sie gar „einen neuen Abschnitt in der Geschichte der Mütter“ begründet, so Badinter, „der sich bis ins 20. Jahrhundert fortsetzte: die bürgerliche, aktive Mutter, die sich für Leben und Zukunft jedes ihrer Kinder verantwortlich fühlte“. Diese Einschätzung der Autorin erstaunt ein wenig. Sicher kennt man die Herrscherin als Mutter, die sich sehr um ihre Kinder bemühte, doch ging es dabei doch vor allem um machtpolitische Interessen. Zum Teil beruft sich die Autorin auf bislang wenig bekannte Quellen, auf Korrespondenzen zwischen Familienmitgliedern, Vertrauten, Erzieherinnen und Erziehern. Die Deutung der Kaiserin als „moderne Mutter“ mag dennoch nicht immer ganz überzeugen.
Rezension: Anna Joisten
Elisabeth Badinter
Macht und Ohnmacht einer Mutter
Kaiserin Maria Theresia und ihre Kinder
Paul Zsolnay Verlag, Wien 2023, 208 Seiten, € 26,–