Die kanadische Malerin und Schriftstellerin Emily Carr (1871–1945) ist hierzulande wenig bekannt, während sie in ihrem Herkunftsland berühmt ist. Ihr besonderes Interesse galt den kanadischen „First Nations“, deren Kultur ihr Schaffen stark beeinflusste. Carr lebte für einige Jahre unter den Indigenen und dokumentierte etwa deren dem Verfall preisgegebene Totempfähle.
1941 publizierte sie unter dem Titel „Klee Wyck – die, die lacht“ (so wurde Carr genannt) eine Reihe von Reportagen, in denen sie eindrücklich die Riten, die Denkweisen und das Alltagsleben ihrer Gastgeber beschreibt. Ihre Texte wurden später als Taschenbuchausgabe auch in den Schulen verwendet, doch, so Kathryn Bridge in ihrem Vorwort, waren kritische Äußerungen Carrs vor allem zu den Missionaren vor Ort zensiert worden.
Jetzt ist die ursprüngliche Fassung von Carrs Reportagen auf Deutsch erschienen. Sie beeindrucken durch die Prägnanz ihrer stimmungsvollen Schilderungen und ihre Unvoreingenommenheit. In einer Zeit, in der die „First Nations“ kein Wahlrecht besaßen und ihre Kultur durch den kanadischen Staat massiv unterdrückt wurde, eröffnete Carr mutig den Blick auf diese Bevölkerungsgruppe und ihre reichen Traditionen.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Emily Carr
Klee Wyck – die, die lacht
Verlag Das kulturelle Gedächtnis, Berlin 2020, 176 Seiten, € 20,–