In dem Werk der Historikerin Christina Ullrich wird die Eingliederung von Handlangern des NS-Regimes in die neugegründete Bundesrepublik der 1950er Jahre thematisiert. Im Blickpunkt der Arbeit stehen Angehörige verschiedener Polizeibehörden und anderer Vollstreckungsorgane des Hitlerstaates, die bei den Gräueltaten des Zweiten Weltkrieges eine aktive Rolle gespielt haben. Das Buch greift die unterschiedlich verlaufenden Lebensläufe der NS-Täter auf und beleuchtet diese im politischen und sozialen Kontext der Nachkriegszeit. Die Grundlage der eindrucksvollen Analyse bilden 19 Biographien der früheren Gestapo-, SS- und Mitglieder ähnlicher Organisationen des Dritten Reichs.
Der Integrationsprozess wird in der Untersuchung in drei Phasen eingeteilt: Transition, Entnazifizierung und soziale Reetablierung. Den ersten Abschnitt in diesem Eingliederungsverfahren bilden die Internierungshaft der Kriegsverbrecher bei Kriegende bzw. die Versuche, sich der Strafverfolgung durch die alliierten Kräfte zu entziehen. Im weiteren Schritt werden die Entnazifizierungsverfahren gegen die an der NS-Gewaltherrschaft beteiligten Akteure behandelt. Die dabei entstandenen Gerichtsakten geben darüber Aufschluss, wie die Angeklagten sich verhalten haben, um ihre Zugehörigkeit zum mörderischen System des Nationalsozialismus zu verschleiern. Der berufliche Wiedereinstieg der NS-Täter in einen ihrer Qualifikation entsprechenden Beruf in der Mitte der 1950 Jahre markiert den Beginn der Reetablierungsphase. Dieses Stadium wird von Karrierechancen und beruflichen Aufstiegen geprägt. Im Schlussteil wird die strafrechtliche Verfolgung der NS-Täter in dem sich langsam ändernden politischen und sozialen System der 60er Jahre aufgearbeitet. Im gleichen Zug bekommt man einen tiefen Einblick in das Unschuldsbewusstsein der früheren SS- und Gestapomitglieder, das Verdrängen der eigenen Vergangenheit und die gesellschaftliche Haltung gegenüber diesen „Rückkehrern“ geboten.
Rezension: Ilja Schwab