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Hitlers Strafsoldaten

Joachim Käppner

Hitlers Strafsoldaten

Bei einem Buch mit dem Titel „Soldaten im Widerstand“ denken Interessierte wohl an das Attentat auf Adolf Hitler durch Claus Schenk Graf von Stauffenberg am 20. Juli 1944. Der Untertitel „Die Strafdivision 999. 1942 bis 1945“ erinnert hingegen an Heinz G. Konsaliks trivialen, aber wirkmächtigen Roman „Strafbataillon 999“ von 1959.

In Wirklichkeit bildeten Hitlers Zwangssoldaten nicht nur ein mehrere hundert Mann zählendes Bataillon, sondern eine komplette Division mit insgesamt etwa 28 000 Personen. Zu den „Politischen“ unter ihnen zählten vor allem Kommunisten und Sozialdemokraten, aber auch unabhängige Sozialisten, bürgerliche Nonkonformisten und Bibelforscher. Hinzu traten Kriminelle bzw. solche, die das NS-Regime dazu erklärt hatte.

Joachim Käppner, Historiker, Redakteur bei der „Süddeutschen Zeitung“ und Autor preisgekrönter Bücher, verfügt über ein hohes Maß an Expertise. Er veröffentlichte 2007 mit „Die Familie der Generäle“ eine Militärgeschichte „von oben“, der sich nun eine „Militärgeschichte von unten“ anschließt. Käppner zeichnet die Einzelschicksale von acht Strafsoldaten nach: Jeweils drei von ihnen gehörten der Kommunistischen (Ernst Rudolf Greulich, Erwin Bartz, Albert Karrenberg) bzw. der Sozialdemokratischen Partei (Ludwig Gehm, Heinz Schröder, Egon Franke) an. Hinzu kommen Fred Faatz sowie Falk Harnack, der zum Umfeld der Widerstandsbewegung „Weiße Rose“ gehört hatte und sich nach dem Krieg einen Namen als Filmregisseur machte.

Entlang den Einzelschicksalen entwickelt Käppner chronologisch die Geschichte der „999er“. Der Personalmangel zwang die Wehrmachtsführung im Herbst 1942 dazu, aus bis dahin „Wehrunwürdigen“ die „verstärkte Afrika-Brigade 999“ aufzustellen, die Anfang 1943 nach Tunesien geschickt und zur Division erklärt wurde. Die Ausbildung ideologischer Todfeinde an der Waffe verwundert bis heute, am meisten wohl die zwangsrekrutierten „Politischen“ selbst, lebte die NS-Spitze doch stets in Sorge vor einer Revolution wie im Jahr 1918. Der Gefahr des Überlaufens von linksgerichteten Strafsoldaten zur Roten Armee meinte die Wehrmacht mit einem Einsatz gegen die Westalliierten in Nordafrika vorzubeugen. Nur wenigen gelang dort der Frontenwechsel. Die Division ging vielmehr nach einigen Gefechten regulär mit den Resten der „Heeresgruppe Afrika“ im Frühjahr 1943 in Gefangenschaft – zur Freude ihrer Strafsoldaten.

Aus zurückgebliebenen Divi-sionsangehörigen formte die misstrauische Wehrmachtsführung selbständige Bataillone als Besatzungstruppe für Griechenland. Mindestens 600 Strafsoldaten liefen zu griechischen Partisanen über, darunter Gehm, Bartz und Harnack; einige von ihnen kämpften dort gegen ihre Landsleute. Noch nach Kriegsende setzten für und gegen Hitler eingestellte Soldaten ihre Auseinandersetzungen fort, worauf augenfällig die Gründung einer „1. Anti-Nazi-Kompanie“ hinter Stacheldraht verweist.

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Das Buch schließt mit der Schilderung der Lebenswege der acht Männer nach 1945. In der DDR als Helden von der Propaganda vereinnahmt, wurde ihnen in der Bundesrepublik die Anerkennung als Verfolgte des NS-Regimes und eine Opferrente vielfach verweigert. Bis heute. Käppners Anliegen ist es, den „999ern“ für ihren Widerstand gegen Hitler zu danken und ihnen Respekt zu zollen. Sein fesselnd geschriebenes Buch dürfte zum Nachdenken und vielleicht sogar zu einer Neubewertung führen.

Rezension: Dr. Magnus Pahl

Joachim Käppner
Soldaten im Widerstand
Die Strafdivision 999 1942 bis 1945
Piper Verlag, München 2022, 416 Seiten, € 26,–

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