Verschwörungstheorien kursieren heute in ungeahntem Ausmaß, nicht zuletzt in der Corona-Pandemie. Doch nicht um die angebliche Manipulation der Welt durch dunkle Kräfte mithilfe eines Virus geht es dem renommierten Sozialhistoriker Richard J. Evans, sondern um Verschwörungstheorien, die sich um die Geschichte des Nationalsozialismus und besonders um die Person Adolf Hitlers ranken.
Längst hat man sie für widerlegt gehalten, die bekannten Narrative um die „Protokolle der Weisen von Zion“, die „Dolchstoßlegende“, die Ursachen des Reichstagsbrands von 1933, das angebliche Friedensangebot des Rudolf Hess an England und Hitlers Flucht aus dem Bunker. Evans zeigt jedoch nicht nur, wie diese Erzählungen, angereichert mit „alternativen Fakten“, zu neuer Popularität gelangen, sondern auch, wer sie verbreitet und warum. Da ist etwa die Behauptung, Hitler sei mit Eva Braun die Flucht aus dem Führerbunker nach Argentinien gelungen, eine krude Geschichtsfälschung, die vorgibt, NS-kritisch zu sein, unter der Hand aber Hitler als Triumphator über Gerechtigkeit und Geschichte stilisiert.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Richard J. Evans
Das Dritte Reich und seine Verschwörungstheorien
Wer sie in die Welt gesetzt hat und wem sie nutzen
Deutsche Verlags-Anstalt, München 2021, 367 Seiten, € 26,–