Die bundesdeutsche Nachkriegsgeschichte erscheint auf den ersten Blick als Erfolgsstory. Aus Trümmern, Hunger und Ungewissheit sei durch Wirtschaftswunder und Demokratie eine stabile Gesellschaft entstanden. Dass es so einfach nicht war, klang schon in den Zeitanalysen des Ehepaars Mitscherlich („Die Unfähigkeit zu trauern“) oder in denen von Hannah Arendt an. Aufmerksam gemacht wurde auf die schädliche Wirkung von Verdrängung für die bundesdeutsche Gesellschaft.
Hier setzt die US-amerikanische Historikerin Monica Black an, wenn sie sich dem Irrationalen zuwendet, den Vorstellungen von Hexen und Wunderheilern, von Verschwörern und Erlösern, die sie vielerorts in der frühen Bundesrepublik auffindet. So sei es etwa zwischen 1947 und 1965 zu Dutzenden von „Hexenprozessen“ gekommen – auch wenn nun die als „Hexen“ Verleumdeten sich ihrerseits vor Gericht wehren konnten. Zum Paradebeispiel aber wird der Fall des „Wunderheilers“ Bruno Gröning, der seine Anhängerschaft davon überzeugte, er könne durch einen von Gott gesandten „Heilstrom“ ihre Krankheiten heilen, und der großen Zulauf hatte. Blacks Beispiele zeugen von Verzweiflung und Hass, aber auch von Sehnsucht nach Heilung und Reinigung in der Bevölkerung – ein Aspekt, der unser Bild der Nachkriegszeit zu komplettieren vermag.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Monica Black
Deutsche Dämonen
Hexen, Wunderheiler und die Geister der Vergangenheit im Nachkriegsdeutschland.
Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2021, 423 Seiten, € 26,–