Adlige Frauen wurden bis vor kurzem nicht selten lediglich als Tochter bzw. Ehefrau von angeblich historisch bedeutenderen Männer genannt und beschrieben, so als sei ihr eigener Beitrag zur Geschichte nicht nennenswert und müsse deshalb nicht gewürdigt werden. Die neuere Forschung hat aber erwiesen, dass Fürstinnen entweder als Regentinnen oder als der eine Part des „regierenden Paares“ ebenfalls Herrschaft ausübten und dass sie durch eigene Strategien der Repräsentation und ein weites Kommunikationsnetz die Adelskultur in hohem Maß mitprägten.
Die konkreten Gestaltungsmöglichkeiten der Frauen aber hingen ganz entscheidend von deren finanzieller Ausstattung ab. Diese zu rekonstruieren ist das Kernanliegen der großen Studie von Ulrike Wendt-Sellin über Herzogin Luise Friederike von Mecklenburg-Schwerin, die von 1722 bis 1791 lebte. Die Autorin lotet damit die „Handlungsspielräume“ der Herzogin aus, die Ehefrau des mecklenburgischen Herzogs Friedrich II. des Frommen, des Erbauers von Schloss Ludwigslust, war.
Zunächst beleuchtet Wendt-Sellin Kindheit und Jugend ihrer Protagonistin, die am württembergischen Hof in Ludwigsburg aufwuchs, und sieht hier die „inneren Handlungsbedingungen“ Luise Friederikes angelegt. „Äußere Handlungsbedingungen“ wie die konkrete historische Situation in Mecklenburg oder die sozialen Vorgaben des Ehe- bzw. Witwenstands treten hinzu.
Insbesondere aber rekonstruiert die Autorin für jede der Lebensphasen Luise Friederikes akribisch Einnahmen, Ausgaben sowie Schuldenentwicklung. Ein regelmäßiges Deputat oder Erbschaften standen auf der einen Seite, Ausgaben für das tägliche Leben oder die Besoldung des Hofstaats, aber auch für Sozialfürsorge, auf der anderen. Insgesamt bewegte sich die Herzogin völlig im Rahmen eines Ausgabeverhaltens, das von einer Frau ihres Standes erwarten werden musste. Nicht Sparsamkeit, sondern ein sich von den bürgerlichen Schichten abhebender Konsum war zwingend notwendig. In diesem Sinn ist die Rekonstruktion ihrer Finanzen über das Einzelbeispiel hinaus durchaus verallgemeinerbar. Luise Friederikes eigene Vorlieben zeigten sich vor allem bei Reisen und im Kauf eines Lusthauses in Hamburg.
Mit ihrer detailreichen Studie leistet Wendt-Sellin einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der höfischen Kultur des 18. Jahrhunderts – auch wenn die Lektüre ein nicht unerhebliches Maß an Geduld erfordert.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger